Walldorf, 21.01.2025 – Die Deutschsprachige SAP-Anwendergruppe e. V. (DSAG) begrüßt die Entscheidung der Bundesnetzagentur (BNetzA), den Stichtag für die Umsetzung des Lieferantenwechsels innerhalb von 24 Stunden (LFW24) auf den 6. Juni 2025 zu verschieben. Dieser Schritt verschafft der Branche etwas mehr Zeit, um die komplexen Anforderungen zu erfüllen. Gleichzeitig bleibt der Druck hoch, da auch diese Frist ambitioniert ist. Die DSAG wird sich weiterhin dafür einsetzen, den betroffenen Unternehmen bei der Umstellung zu helfen.

„Der LFW24, der Stromkunden einen Wechsel des Anbieters innerhalb eines Werktages ermöglichen soll, erfordert tiefgreifende Anpassungen der Marktprozesse und IT-Systeme. Die sehr späte Veröffentlichung der regulatorischen Vorgaben hat die Umsetzung zusätzlich erschwert“, fasst Stephan Hüttmann, DSAG-Fachvorstand die Herausforderungen für die Energieversorger zusammen. SAP hatte angekündigt, lediglich für S/4HANA Utilities eine umfängliche Lösung anbieten zu können. Die Kunden im ECC-Release können lediglich auf eine Rumpf-Softwareauslieferung hoffen.
Hinzu kommt: Viele Unternehmen konnten ihre IT-Konzepte erst nach dem 1. Oktober 2024 finalisieren, da die Ressourcen noch in der Umsetzung anderer Vorgaben gebunden waren und die letzte fachliche Klarheit der Regelungen erst zu diesem Zeitpunkt geschaffen wurde. Eine verbleibende Umsetzungszeit von nur sechs Monaten bestehend aus Software-Entwicklung, -Implementierung und den erforderlichen Tests wäre für einen solch umfassenden Umbau nicht ausreichend gewesen. Das bestätigte auch eine DSAG-Umfrage im Arbeitskreis Energieversorger aus September 2024 unter 160 Unternehmen. Sie zeigte, dass 88 Prozent der Befragten die Umsetzung bis April 2025 nicht schaffen würden.
Frist barg Risiken
„Die ursprüngliche Frist barg erhebliche Risiken für die Stabilität der Marktprozesse. Fehlerhafte Umsetzungen hätten zu Störungen in der Energieversorgung führen und das Vertrauen der Verbraucher nachhaltig beeinträchtigen können“, ordnet Dr. Frank Schmidt, DSAG-Arbeitskreissprecher Energieversorger, ein. Dieses Bild zeigte auch eine von der BNetzA selbst durchgeführte Umfrage mit 380 Teilnehmenden, darunter 250 Verteilnetzbetreiber (VNB). Hier bestätigte sich das Bild aus der DSAG-Umfrage, dass ein erheblicher Teil des Marktes bis zum ursprünglich geplanten Stichtag am 4. April 2025 nicht marktkommunikationsfähig sein würde.
Situation bleibt herausfordernd
„Die Verschiebung auf den 6. Juni 2025 ist ein wichtiger und sehr zu begrüßender Schritt. Allerdings dürfte es auch mit diesen zwei zusätzlichen Monaten noch herausfordernd werden, die Anforderungen mit der notwendigen Qualität umzusetzen“, ist sich Schmidt sicher. Während SAPs Release-Planung für S/4HANA-Utilities-Kunden vorsieht, dass ab Februar erste Teile der Lösungen ausgeliefert werden, bleibt die Lage für SAP EEC-Kunden brisant. Für diese Kunden ergibt sich die Notwendigkeit, die Kräfte am Markt zu bündeln und auf Basis einer gemeinsamen Anstrengung bei enger Zusammenarbeit zwischen Beratungshäusern, Kunden und SAP den betroffenen Unternehmen im ECC über den von SAP gelieferten Scope hinaus Unterstützung zu geben. Dies war bereits bei der Umsetzung der Strom- und Gaspreisbremse ein Erfolgsmodell, an das es anzuknüpfen gilt.
Initiative zahlreicher Unternehmen
Den geforderten Aufschub auf den 01. Oktober 2025 – wie von einer Initiative von 42 Unternehmen unter Beteiligung der DSAG angestrebt – hat die BNetzA ausgeschlossen. Begründet wurde dies damit, dass Unternehmen, die erklärten, die Anforderungen bis zum Stichtag erfüllen zu können, nicht benachteiligen werden dürfen. „Wir freuen uns, dass die BNetzA die Hinweise und Rückmeldungen der Branche ernst genommen hat. Die Verschiebung ist ein Teilerfolg, der allen Marktteilnehmern helfen wird. Schließlich erfordert eine Kommunikation im Markt eine gleiche Sprache und ein gleichartiges Verstehen der Nachrichten“, betont Hüttmann, DSAG-Fachvorstand. So sei die weitere konstruktive Zusammenarbeit von Energieversorgern, Software-Herstellern und Verbänden essenziell. Diese möchte der Industrieverband auch in Zukunft aktiv vorantreiben.
Flexibilität der BNetzA und Verantwortung der Unternehmen
Als Entgegenkommen betrachtet die DSAG auch das Signal der BNetzA, dass sie eine Einschwingphase nach dem 6. Juni 2025 ermöglicht. Unternehmen, die die Frist nicht einhalten können, müssen jedoch darlegen, welche Anstrengungen sie unternommen haben, um die geforderten Prozesse sicherzustellen. Bei Versäumnissen wird die Behörde Androhungen prüfen. „Die BNetzA hat klar gemacht, dass sie die Digitalisierung der Branche vorantreiben will. Dieser Fokus ist wichtig, darf aber nicht zulasten der Qualität und Stabilität gehen“, sagt Schmidt. Besonders verweist er darauf, dass zunehmend Fragen der Resilienz aus dem Blick geraten sind. Digitalisierung, die nur für eine Rennstrecke designt wurde, wird versagen, wenn es Ausfälle durch Naturereignisse oder technische Störungen gibt. Dann sind Prozesse zum konsistenten Wiederanlauf gefragt, die aktuell noch nicht geregelt sind. Eine stabile Energieversorgung ist die Basis einer starken Wirtschaft wie auch des gesellschaftlichen Friedens.
Die DSAG versteht sich weiterhin als Vermittler zwischen Marktteilnehmern, SAP und der BNetzA, um sich für einen reibungslosen Übergang zum LFW24 zu engagieren. „Dem Aufruf an die Beratungshäuser, gemeinsam eine Unterstützung für die Energieversorgungsunternehmen im ECC-Umfeld abzustimmen, sind schon einige Unternehmen gefolgt. Weitere sind gern willkommen“, sagt Schmidt. Gerade angesichts des durch laufende Transformationsprojekte aktuell stark beanspruchten Marktes kann es nur im gegenseitigen Interesse sein, durch solche Initiativen Kräfte zu bündeln.
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