Im Gespräch mit Internet-Pionier Collin Croome

Next Stop: Metaverse

blaupause: Im Gespräch mit Internet-Pionier Collin Croome

Mit dem Metaverse stehen wir am Beginn einer neuen aufregenden und revolutionären Entwicklung. Im Silicon Valley wird es als das „Next Big Thing“ gehandelt – in der Erwartung, dass es in naher Zukunft ebenso bedeutend sein wird wie die Erfindung des Internets, des Smartphones oder der sozialen Medien. Das Metaverse befindet sich jedoch noch im Anfangsstadium seiner Entwicklung. Im Interview wirft Collin Croome, Internet-Pionier und Experte für digitales Marketing und Zukunftstrends, einen Blick in die Zukunft des Metaverse.

Das Gespräch führte Julia Theis, blaupause-Redaktion

Welchen Mehrwert bietet das Metaverse Unternehmen schon jetzt und welchen kann es ihnen in Zukunft bieten?

Collin Croome: Das Metaverse wird sich künftig auf praktisch alle Wirtschaftszweige auswirken, so wie es das Internet in den letzten 30 Jahren getan hat. Wir werden immer mehr Zeit im Metaverse verbringen und uns einen Raum schaffen, in dem wir uns wohlfühlen. Wir werden produktiv arbeiten können und so schneller und effektiver zu neuen Lösungen kommen. Wir werden mit Kolleg:innen über alle Grenzen hinweg so zusammenarbeiten, als würden sie direkt vor uns stehen. Und es wird darüber hinaus völlig neue Möglichkeiten eröffnen, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können. Wie bei der Einführung der EDV, des Internets und der Digitalisierung werden die Anfangsinvestitionen hoch sein. Langfristig wird das Metaverse Unternehmen jedoch viele Vorteile, Möglichkeiten und neue Einnahmequellen bieten. Auch kann es in vielen Bereichen die Effizienz steigern, Zeit und Ressourcen sparen sowie Kosten senken.

Was müssen Software-Hersteller leisten, um das Metaverse-Konzept in und mit den Unternehmen zum Erfolg zu führen?

Beim Start ins Metaverse besteht die Aufgabe darin, neue Erlebnisse zu schaffen, die Anwender:innen begeistern und einen Mehrwert bieten. Was genau das sein kann, hängt von ihrer Branche und ihren Angeboten sowie ihrem Erfindungsreichtum und ihrer Kreativität ab. Eine perfekte Schritt-für-Schritt-Anleitung für die Entwicklung eines Metaverse-Projekts gibt es (noch) nicht. Dafür sind die Anwendungsmöglichkeiten zu vielfältig, die Zielgruppen zu unterschiedlich und die Anforderungen der jeweiligen Unternehmen und Branchen zu einzigartig. Es ist jedoch wichtig, die Entscheidungsträger:innen frühzeitig für das Metaverse zu sensibilisieren, sie zu inspirieren und zu begeistern sowie alle letztendlich auch auf einen aktuellen Wissensstand zum Thema zu bringen.

Collin Croome

Collin Croome ist Internet-Pionier und Experte für digitales Marketing und Zukunftstrends wie das Metaverse. Seit mehr als 30 Jahren berät und unterstützt der Agenturinhaber internationale Unternehmen und namhafte Marken. In seiner Laufbahn verantwortete er mehr als 800 Digitalprojekte. Im Jahr 2022 hat er mit „30 Minuten Metaverse“ eines der ersten deutschen Metaverse-Wirtschaftsbücher geschrieben. Im April 2023 ist das „Praxisbuch Metaverse“ erschienen, das über 180 Anwendungsbeispiele aus 25 Branchen enthält.

Welche Risiken birgt das Metaverse Ihrer Meinung nach für Unternehmen?

Unternehmen, die das Metaverse entwickeln und betreiben, tragen eine große Verantwortung und müssen transparent und verantwortungsbewusst handeln, indem sie klare Richtlinien, offene Standards und Verhaltensregeln aufstellen. Viele der Herausforderungen, die das Metaverse mit sich bringt, ähneln denen, die das Internet und die sozialen Medien ebenfalls bereits hervorgebracht haben. Angesichts der tiefen Immersion von Virtual Reality und des Gefühls, sich „dem Anschein nach“ an einem anderen Ort zu befinden, besteht ein noch höheres Risiko, davon abhängig zu werden, als wir es von der Spiel- oder Handy-Sucht kennen. Auch im Web3 werden sich Datenschutzverletzungen und Rechtsverstöße letztendlich nicht vermeiden lassen, denn Start-ups, Organisationen, Einzelpersonen und auch Kriminelle werden versuchen, ein Stück vom Kuchen abzubekommen. So wie das heutige Internet und insbesondere die sozialen Medien eine Flut von Problemen hervorgerufen haben, ist dies auch einmal für das Metaverse zu erwarten.

Welche Regularien brauchen Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR), und was bietet der Gesetzgeber bereits?

Noch ist unklar, ob und welche spezifischen EU-Initiativen und Regularien erforderlich sein werden, um die Entwicklung des Metaverse proaktiv zu unterstützen und zu fördern. Es gibt noch viele offene und ungeklärte Fragen, insbesondere in den Bereichen Wettbewerbsrecht, Datenschutz, Haftung, Finanztransaktionen und ihre Regulierung, Cyber-Sicherheit, Gesundheit, Barrierefreiheit und Inklusion. Die EU-Kommission hat zwar derzeit nicht die unmittelbare Absicht, legislative Maßnahmen zu ergreifen, hat aber betont, dass das Metaverse eines der Topthemen für sie ist. Im Metaverse ergeben sich zudem eine Vielzahl rechtlicher Fragen und Risiken. Dazu gehören: Privatsphäre, Eigentum, Urheberrecht, Verträge, internationales Recht und Rechtsdurchsetzung sowie Haftung. Im Metaverse und Web3 gibt es zudem eine Vielzahl von steuerlichen Aspekten, die sich aus der Tatsache ergeben, dass es sich um einen virtuellen Raum handelt, der sich von der realen Welt unterscheidet. Die wahrscheinlich wichtigste Frage ist, wie man Steuern auf Einkommen berechnet, das im Metaverse erwirtschaftet wird, und wo diese Einkünfte steuerpflichtig sind.

Stichwort: Datenschutz. Welche Herausforderungen bringt das Metaverse?

Wir selbst werden im Metaverse vermutlich weit mehr preisgeben müssen, als wir es vom heutigen Internet kennen. Über moderne XR-Headsets können mehr Daten erfasst und weitergegeben werden. Das umfasst neben dem präzisen Tracking aller App-Interaktionen beispielsweise auch Augen-, Hand- und Körperbewegungen, Mimik, Herzfrequenz, Sprache und vieles mehr. Dies ermöglicht es den Anbietern, noch mehr persönliche Daten zu sammeln, um ihre zielgruppenorientierte Werbung weiter zu optimieren. Der Datenschutz ist im Metaverse von größter Bedeutung.

Ist das Metaverse alternativlos?

Nach dem Internet, dem World Wide Web, Social Media und dem Smartphone stehen wir wieder vor einem großen elementaren Wandel. Durch das exponentielle Wachstum der Entwicklung kommt die nächste Evolutionsstufe dieses Mal jedoch weitaus schneller, als wir es aus der Vergangenheit gewohnt sind. Die Erfahrung hat gezeigt, dass ein auf die Zukunft ausgerichtetes Business die nächste Stufe der digitalen Evolution auf keinen Fall ignorieren darf. So wie heute jedes moderne Unternehmen eine Website und eine Präsenz in den sozialen Medien besitzen sollte, so wird sich in einigen Jahren jedes Unternehmen im Metaverse präsentieren müssen, um wahrgenommen zu werden. Am Ende sollten und müssen Unternehmen immer dort präsent und sichtbar sein, wo ihre Kund:innen sind. Und da immer mehr Menschen einen immer leichteren Zugang zum Metaverse bekommen werden, dürfen Unternehmen diese große Chance nicht ihren Mitbewerbern überlassen. Auf keinen Fall sollten sie warten, bis das Metaverse ausgereift ist.

Vielen Dank für das Gespräch!

Der Expertentipp

Eine gute Metaverse-Strategie für Unternehmen sollte berücksichtigen:

  • Klare Ziele und Vision: Definieren Sie, welche Rolle Ihr Unternehmen im Metaverse spielen soll und wie diese Rolle zu Ihrer Gesamtstrategie und Ihren Geschäftszielen beiträgt. Eine klare Vision wird dazu beitragen, Ihre Metaverse-Initiativen fokussiert und effektiv zu gestalten.
  • Marktanalyse und Trends: Beobachten Sie den Markt, um Chancen, Trends sowie potenzielle Wettbewerber frühzeitig zu erkennen. Verstehen Sie, welche Technologien und Plattformen sich durchsetzen und wie sich das Metaverse entwickelt, um fundierte Entscheidungen zu treffen.
  • Integration in bestehende Geschäftsprozesse: Überlegen Sie, wie das Metaverse Ihre aktuellen Geschäftsprozesse ergänzen oder verbessern kann. Die Integration des Metaverse in bestehende Abläufe kann Effizienzsteigerungen und Kosteneinsparungen ermöglichen.
  • Benutzererlebnis und Kundenbindung: Entwickeln Sie attraktive, benutzerfreundliche und personalisierte Erlebnisse, um Kund:innen und Benutzer:innen langfristig an Ihr Unternehmen zu binden. Immersive Kund:innenerlebnisse können zu höherer Kund:innen­zufriedenheit und Loyalität führen.
  • Technologie und Infrastruktur: Investieren Sie in die erforderliche Technologie und Infrastruktur, um Ihre Metaverse-Strategie erfolgreich umzusetzen. Dies kann den Aufbau von Kompetenzen in den Bereichen Artificial Reality (AR), Virtual Reality (VR), Künstliche Intelligenz (KI), Blockchain und ähnlichen Technologien beinhalten.
  • Zusammenarbeit und Partnerschaften: Schließen Sie Partnerschaften mit anderen Unternehmen, Entwickler:innen und Expert:innen im Metaverse-Bereich, um Synergien zu nutzen und gemeinsam erfolgreichere Projekte zu realisieren.
  • Datenschutz und Sicherheit: Berücksichtigen Sie Datenschutz- und Sicherheitsaspekte bei der Gestaltung Ihrer Metaverse-Strategie. Schützen Sie Benutzerdaten und gewährleisten Sie die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und Best Practices.
  • Skalierbarkeit und Flexibilität: Entwickeln Sie Ihre Metaverse-Strategie so, dass sie skalierbar und flexibel ist. Dies ermöglicht es Ihnen, sich an Veränderungen im Markt anzupassen und Ihre Präsenz im Metaverse je nach Bedarf zu erweitern.
  • Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung: Integrieren Sie Nachhaltigkeitsziele und soziale Verantwortung in Ihre Strategie. Dies wird dazu beitragen, das Vertrauen der Kund:innen und Stakeholder:innen zu stärken und langfristig positive Auswirkungen auf die Gesellschaft und die Umwelt zu erzielen.
  • Erfolgsmessung und Anpassung: Definieren Sie messbare Ziele und Kennzahlen, um den Erfolg Ihrer Metaverse-Strategie zu bewerten. Nutzen Sie diese Informationen, um Ihre Strategie kontinuierlich zu optimieren und an die sich ändernden Bedingungen im Metaverse anzupassen.

Bildnachweis: Collin Croome, Shutterstock

Autorin: Julia Theis
blaupause-Redaktion
blaupause@dsag.de