Wenn sich Beharrlichkeit auszahlt

„Meine Karriere war kein Home-Run!“

"Wenn sich Beharrlichkeit auszahlt" - bp Online

Nach 25 Jahren im Unternehmen wurde Christiane Bernhardt im Sommer 2023 Leiterin der Sparte Customer Services bei Siemens Healthineers. Warum diese Position ein Etappenziel ist, wie die studierte Wirtschaftsingenieurin Kolleg:innen mit ihrer Begeisterung für die Vereinbarkeit von Kindern und Karriere ansteckt, und was man noch tun muss, um Frauen auf ihren beruflichen Entwicklungspfaden nicht zu verlieren: Das hat sie im Gespräch mit der blaupause verraten.

Das Gespräch führte Sarah Meixner, blaupause-Redaktion

Ein kurzer Rückblick: Wie hat Ihr Weg hin zu Ihrer heutigen Tätigkeit ausgesehen?

Christiane Bernhardt: Während des Studiums des Wirtschaftsingenieurwesens in Karlsruhe hatte ich mich auf Unternehmensplanung, Logistik und Marketing fokussiert und parallel viele Praktika gemacht um einzugrenzen, was ich künftig einmal machen möchte. Mit 25 hatte ich dann zwei Angebote auf dem Tisch: eines aus der Automobilindustrie, das andere von Siemens Healthcare als Produkt-Managerin für Computertomographie (CT). Glücklicherweise habe ich mich für letzteres entschieden, denn die Medizintechnik ist für mich nach wie vor eine sinnstiftende und herausfordernde Branche. Präventive Gesundheitsversorgung sowie Patient:innen auf ihrem Weg zum Gesundwerden zu begleiten, ist mein täglicher Ansporn.

Hatten Sie Vorbilder?

Meine Eltern haben mir das Unternehmertum quasi in die Wiege gelegt: Beide waren in ihrem jeweils eigenen Betrieb tätig, meine Schwester und ich sind zwischendrin groß geworden und konnten uns von klein auf viel abgucken. Und das zahlt sich bis zum heutigen Tag aus: Bei Siemens Healthineers sprechen wir heute von einer „Ownership-Culture“. Ein glücklicher Zufall, denn genauso bin ich aufgewachsen und habe diese vollkommen verinnerlicht.

Und wer begeistert Sie heute?

Ich nehme mir viele unterschiedliche Menschen zum Vorbild, von denen ich mir auch Dinge abschaue: aus der Politik, Schriftsteller:innen wie z. B. Sheryl Sandberg, andere CEOs, meine Kinder. Aber natürlich auch meine Mitarbeitenden, die mich durch ihre Vielfalt und Kreativität immer wieder aufs Neue inspirieren.

Sind Sie jetzt das ultimative Vorbild für andere Frauen geworden?

Ich sehe mich eher als „Role-Model-Ambassador“, denn mein Weg ist sicher nicht der goldene für alle anderen. Jede:r muss selbst entscheiden, wie er oder sie Job, Familie und Kinder unter einen Hut bekommen kann oder will. Es ist zwar schmeichelhaft, wenn vor allem männliche Kollegen ihre weiblichen Angestellten zum Austausch direkt zu mir schicken, aber ganz ehrlich: Was Christiane Bernhardt gemacht hat, muss nicht für andere funktionieren. Was ich aber allen Kolleg:innen mitgeben möchte: Geht euren eigenen Weg, nutzt dafür alle Möglichkeiten, und baut euch ein Netzwerk auf!

Der Frauenanteil in MINT-Berufen ist auch 2024 noch zu gering. Wie hat sich die Quote Ihrem Empfinden nach in den letzten Jahren entwickelt?

Um Frauen in MINT-Berufen weiter und vor allem breiter zu fördern, braucht es eine riesige Palette an Maßnahmen und insbesondere auch die Zusammenarbeit von Bildungseinrichtungen, Unternehmen, Regierungen und der Zivilgesellschaft. Unternehmen alleine sind nur ein Rad im Getriebe. Geschlechtervielfalt ist wichtig, denn nur so lassen sich alle Talente und Fähigkeiten nutzen und auch die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit aller Branchen stärken. Erfreulicherweise ist es bei uns im Unternehmen so, dass immer mehr Frauen in diesen Bereichen ankommen. Und da ich Mutter zweier Töchter bin, ist mir dieses Thema auch eine Herzensangelegenheit.

Was zeichnet Frauen im Beruf im Vergleich zu Männern aus?

Frauen in der Medizintechnik

Meiner Meinung nach sind Unterschiede nicht unbedingt auf biologische Unterschiede zurückzuführen, sondern vielmehr auf soziale und kulturelle Einflüsse. Viele Eigenschaften und Verhaltensweisen hängen von der jeweiligen Persönlichkeit und den Erfahrungen eines Menschen ab. Für uns ist es wichtig, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem jede:r gleiche Chancen erhält und gleichbehandelt wird, unabhängig von stereotypischen Vorstellungen über Geschlechterunterschiede. Und ich stelle voller Freude fest, wie immer mehr Frauen erfolgreich Pionierarbeit leisten und Chancen bekommen, die vor Jahren noch undenkbar gewesen sind. Dieser Weg ist aber noch lange nicht zu Ende. Mein Vorgänger hat hier exzellente Vorarbeit geleistet und ich werde alles daransetzen, dass die „Diversity-Pipeline“ weiter gefüllt bleibt.

Was braucht es, um sich als Frau im Job durchzusetzen? Hat sich Ihre Meinung im Laufe der Zeit dazu geändert?

Wer sich durchsetzen will, unabhängig vom Geschlecht, muss sich klar ausdrücken können, authentisch sein und verstehen, wen es zu überzeugen gilt. Eine meiner ersten wichtigen Lektionen war, mich nicht zu entschuldigen, wenn es um meine Kinder oder Familie geht. Und genau diesen Rat hat mir ein männlicher Kollege vor vielen Jahren in einem Leitungskreis-Meeting gegeben, als ich zu spät und abgehetzt zum Termin kam, weil ich meine Kinder zuvor noch in den Kindergarten und in die Schule gebracht hatte. Ich hatte damals darum gebeten, dass wir ein paar Minuten später starten, wurde aber nicht gehört. Heute beginnen meine Teambesprechungen nach 8:30 Uhr, damit jedes Elternteil morgens Familie und Beruf vereinen sowie in Ruhe im Büro oder Homeoffice ankommen kann.

Welche Stellschrauben braucht es zusätzlich, um Frauen, aber vor allem auch junge Mädchen frühzeitig für MINT-Berufe zu begeistern?

Wir brauchen noch mehr Frauen als Vorbilder und nicht nur den einen Typ Frau in leitender Position. Je größer die Bandbreite, umso mehr Mädchen können sich darin wiederfinden. Dafür erwarte ich eine offene und unterstützende Gesellschaft, und in einem so großen Konzern wie Siemens Healthineers gibt es diesen Rückhalt auch. Woran es aber noch mangelt, ist das Peer-Netzwerk: Je höher die Position ist, desto weniger Frauenanteil und damit Vorbilder, Gleichgesinnte und Mitstreiterinnen gibt es. Die Luft wird irgendwann sehr dünn.

Für uns ist es wichtig, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem jede:r gleiche Chancen erhält und gleichbehandelt wird, unabhängig von stereotypischen Vors­tellungen über Geschlechterunterschiede.

Christiane Bernhardt bp Online

Christiane Bernhardt

Leiterin Customer Services bei der Siemens Healthineers AG

Auf welche konkreten Veränderungen hoffen Sie in der Zukunft?

Wofür ich wirklich brenne ist, Grundlagen bereits zuhause in der Erziehung zu legen und die frühzeitige Förderung in Kindergärten und Schulen zu verstärken! Auf der anderen Seite gilt es aber auch, flexible Arbeitsmodelle und Maßnahmen zur Verbesserung der Work-Life-Balance auszubauen, um Frauen sowohl den Einstieg als auch – noch viel wichtiger – den Verbleib in Führungspositionen zu erleichtern. Die „Pipeline“ muss ständig nachgefüllt werden. Mein Wunsch für die Zukunft wäre es, dass das Thema für meine Töchter oder zumindest deren Töchter einfach kein Thema mehr ist! Dass wir zu einer Normalität finden, in der die Rahmenbedingungen für alle ähnlich sind. Und nur die Leistung entscheidet.

Würden Sie Ihren Weg mit dem Wissen von heute wieder so gehen?

Ja, ich bin genau da, wo ich sein wollte. Ich hatte die Position als Leiterin Customer Services seit Jahren im Auge und habe das auch ganz klar kommuniziert. Jetzt kann ich die Zukunft des Gesundheitswesens noch aktiver als bisher mitgestalten, dabei vor allem für eine gute Gesundheitsversorgung kämpfen und weltweit Zugang zu moderner Medizintechnik ermöglichen – gemeinsam mit meinen Mitarbeitenden.

Falls Sie eine Aufgabe abgeben dürften, welche wäre das?

Auf der Arbeit? Keine, ich liebe meinen Job, mein Team, meine Kolleg:innen, ich brauche die Leute um mich herum. Zuhause gibt es auf jeden Fall etwas: Steuererklärung und Papierkram erledigen.

Zu welchem Thema könnten Sie sofort einen 30-minütigen Vortrag halten?

Zugang zur Gesundheitsversorgung, Computertomographie und Kernspintomographie, Führungskultur sowie Präsentations- und Kommunikationsfähigkeiten.

Über welches Kompliment in Ihrem Leben haben Sie sich am meisten gefreut?

„Du bist anstrengend“: Das war zwar nicht als Kompliment gemeint, für mich war es aber eines! Ich stehe für meine Meinung ein, lasse nicht locker und treibe meine Ziele beharrlich voran – und das ist nicht immer einfach für mein Gegenüber.

Vielen Dank für das Gespräch!

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Siemens Healthineers AG

Das Unternehmen ist ein weltweiter Anbieter von Geräten, Lösungen und Dienst­leistungen im Gesundheitswesen und in mehr als 180 Ländern aktiv sowie in mehr als 70 Ländern direkt vertreten. Als eines der führenden Medizintechnikunternehmen ist Siemens Healthineers vor allem in den Bereichen Bildgebung, Diagnostik, Krebsbehandlung und minimalinvasive Therapien tätig, ergänzt durch digitale Technologie und Künstliche Intelligenz. Im Geschäftsjahr 2023 (Ende 30. September 2023) zählten rund 71.000 Beschäftigte weltweit zum Unter­nehmen, die einen Umsatz von rund 21,7 Mrd. Euro erzielten.

Bildnachweis: Daniella Winkler + shutterstock + Siemens Healthineers AG

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Autorin

Autorin: Sarah Meixner
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