Die Vernetzer

Business,And,Technology,Concept.,Communication,Network.,Data,Analysis.,Management,Strategy.

Programmierschnittstellen sind die Synapsen moderner IT-Landschaften mit ihren zahlreichen Anwendungen und Systemen. Ihr zunehmender Einsatz braucht aber idealerweise ein automatisiertes Management, um die einst monolithischen Infrastrukturen in agile, Cloud-native und hypervernetzte Microservices zu transformieren – die u. a. eine zeitgemäße Customer-Experience (CX) ermöglichen. Diesen Weg sind die Stadtwerke Düsseldorf (SWD) gegangen.

Stadtwerke haben seit über einem Jahr viele Baustellen. Ein Dauerbrenner ist – neben dem tagesaktuellen Geschehen mit explodierenden Energiebeschaffungskosten oder der Umsetzung von Gas- und Strompreisbremse – die in die Jahre gekommene IT-Landschaft. Erschwerend kommt hinzu, dass die Wartung für die über 20 Jahre bestehende Branchenlösung SAP Utilities (SAP I-SU) im Jahr 2027 (bzw. 2030) ausläuft, als Nachfolgelösungen stehen S/4HANA Utilities On-Premise und SAP Cloud for Utilities (C4U; siehe Glossar S. 40) parat. Ein Wechsel, der bei den Anwender:innen ebenfalls Aufwand und Fragezeichen verursacht.

Kunden-Services aus den späten Nuller-Jahren

Ähnlich gestaltete sich die Lage bei den Stadtwerken Düsseldorf, sagt Christoph Rauhöft, SAP Solutions Architect: „Unsere Ausgangslage ist schnell erklärt: eine monolithische Architektur, eine rasant steigende Komplexität und viele parallel stattfindende Einführungsprojekte wie S/4HANA und SAP Success­Fac­tors. Hinzu kommen immer anspruchsvollere Kund:innen. Folglich war die Neuausrichtung unserer IT-Strategie inklusive moderner CX-Landschaft die logische Konsequenz.“

Als einer der größten kommunalen Versorger Deutschlands
beliefern die Stadt­werke Düsseldorfrund 600.000 Kund:innen.

Wo es CX-mäßig hakte, dazu ist schnell ein Beispiel gefunden: Bis 2022 gab es aus Marketing-Sicht keinen ganzheitlichen Blick auf Kund:innnen, ihre Profile, Präferenzen, Anliegen, Produkte oder Details zur geschäftlichen Beziehung. Die Kommunikation für Service-Themen lief zum Teil über ein halbes Dutzend Kanäle und Systeme, mit jeweils unterschiedlichen Datenbeständen, teils redundanten Schnittstellen, veralteter Bedienbarkeit und User-Interfaces sowie spürbaren Systembrüchen im Bereich der Website und Self-Service-Lösungen. „Eine Selektierung nach Marktsegmenten zum Beispiel war schlicht unmöglich“, erinnert sich Christoph Rauhöft.

„Wir hatten von Anfang an das Ziel, die Integrationsarchitektur zwischen den einzelnen Systemen so modular und performant wie möglich aufzubauen und in Teilen bis auf einzelnen Funktionen herunterzubrechen. Das erforderte genaue Planung und den Einsatz einer globalen API-Management-Lösung.“

Christoph Rauhoeft

Christoph Rauhöft

SAP Solutions Architect bei den SWD

Alt wird außerordentlich modern

2017 fanden bei den Stadtwerken Düsseldorf SAP-seitig die ersten Schritte in Richtung moderner und hybrider Infrastruktur statt, z. B. mit Einführung erster Services auf der HANA-Cloud-Plattform, gefolgt von der SAP Analytics Cloud (SAC), die die Düsseldorfer seitdem erfolgreich für die Umsetzung diverser Anwendungen, Integrationsszenarien und ein ausgeklügeltes Berichtswesen nutzen. 2022 folgten die Einführung der SAP Service Cloud, der SAP Customer Data Cloud (CDC), der SAP Customer Data Platform (CDP) und SAP Emarsys (siehe Glossar). Den Clou angesichts der vielen unterschiedlichen Anwendungen erklärt der SAP-Spezialist wie folgt: „Wir hatten von Anfang an das Ziel, die Integrationsarchitektur zwischen den einzelnen Systemen so modular und performant wie möglich aufzubauen und teils bis auf einzelne Funktionen herunterzubrechen. Das erforderte eine genaue Planung und den Einsatz einer globalen API-Management-Lösung.“

Eine bessere Customer-Experience haben die SWD dank der
vielen neuen SAP-Anwendungen in einigen Bereichen mittlerweile erreicht

Deren Aufgabe: Zugriffe auf die SWD-Infra­struktur sowie zwischen den einzelnen Systemen steuern und überwachen. Auf lange Sicht sollte sie zudem die vorhandenen wie die neu hinzukommenden Funktionalitäten und Schnittstellen als eigenständige Services abbilden und zu einer ganzheitlichen Microservice-Architektur verweben. „Der größte Vorteil ist die Flexibilität, die man durch den modularen Aufbau bekommt, in etwa vergleichbar mit Playmobil und Lego: Die Playmobil-Burg ist eine Burg und bleibt es auch. Die Lego-Burg aber kann auf unterschiedliche Weisen gebaut, verwendet und erweitert werden, genau wie bei den Microservices.“ Nicht zu vergessen der Sicherheitsaspekt: Durch die Nutzung eines API-Managements können Anwender:innen verschiedenste Sicherheitsbarrieren und Vorrichtungen einbauen, um wirklich nur ganz gezielt Zugriffe auf die eigene Landschaft zu erlauben.

Optimierungspotenziale & Learnings bei den SWD

  • Anforderungen an die Systemlandschaft genauestens definieren und das Vertragswerk mit SAP gründlich prüfen, Nutzen deutlich kommunizieren, Change-Management etablieren.
  • Entscheider:innen und Stakeholder mit eigenen Projekten in einem übergreifenden Projekt organisieren, Querschnittsthemen organisatorisch einbinden.
  • Trainings und Enablement einsetzen.
  • API-Management nicht nur technisch, sondern ganzheitlich bzw. prozessual umsetzen.

CX, wie man es heute kennt

Eine bessere Customer-Experience haben die SWD dank der vielen neuen SAP-Anwendungen in einigen Bereichen mittlerweile erreicht, so kann z. B. ein Haken an die Themen Omnichannel-Kunden-Service, Output-Management, E-Mail-Marketing und Kampagnen-Management gemacht werden. „Hier haben wir mittlerweile einen Stand, der über das hinaus geht, was man heute erwartet und uns technologisch und prozessual in die erste Reihe bringt. Dasselbe gilt für die 360-Grad-Kundensicht, endlich haben wir alle Informationen in einem System“, freut sich Christoph Rauhöft.

Glossar

Application Programming Interfaces (API)

API sind Programmierschnittstellen bzw. Code-Stücke, die den Datenfluss zwischen verschiedenen Systemen ermöglichen und Anwendungen und Datenbanken auf vielfältige Art und Weise verbinden.

S/4HANA Utilities On-Premise

Ist die Nachfolgelösung von SAP IS-U und nach wie vor auf das klassische Geschäft der Versorger mit Wasser, Strom und Gas zugeschnitten, auch wenn der Funktionsumfang stetig erweitert wird. Der Funktionsumfang unterscheidet sich allerdings von SAP C4U, das als SaaS-Lösung konzipiert ist.

SAP Cloud for Utilities (C4U)

Mit der Lösung bildet SAP sämtliche Ende-zu-Ende-Prozesse von Versorgern ab: vom Produkt bis zur Rechnung, von der Marktkommunikation bis zum Field-Service und von Messstelle bis Umzug. C4U lässt sich in vorhandene On-Premise-Anwendungen integrieren, so dass Anwender:innen alle Vorteile hybrider Systeme nutzen können. Als Schnittstelle dient die SAP Business Technology Platform (BTP).

SAP Service Cloud

Mit der Lösung SAP Service Cloud erhalten Kund:innen einen schnellen und personalisierten Service inklusive gesteigerter Service-Effizienz. Dafür verbindet SAP Service Cloud Kundenkontakte aus verschiedenen Kanälen in einer Lösung und ermöglicht so ein einheitliches Service-Erlebnis über alle Kanäle hinweg.

SAP Customer Data Cloud (CDC)

Innerhalb der SAP Customer Data Cloud (ehemals Gigya CIAM) arbeiten Anwender:innen mit so genannten (Kunden-)Identitäten, die sich aus verschiedensten Kundeninformationen zusammensetzen. Diese Identitäten umfassen alle Kundendaten rechtskonform an einem zentralen Punkt. Kund:innen behalten zu jedem Zeitpunkt die Kontrolle über ihre Daten und werden mit relevanten Angeboten versorgt. Die CDC ist Inputgeber für die CDP.

SAP Customer Data Platform (CDP)

Eine unternehmensweite Kundendatenplattform, die Interaktionen kanalübergreifend personalisiert, um besser mit Kund:innen in Kontakt zu kommen. Die SAP Customer Data Platform unterstützt dies durch die Verbindung von Online- und Offline-Daten, ermöglicht so ein besseres Verständnis und die Erstellung relevanter und personalisierter Angebote.

SAP Emarsys

Ende 2020 wurde das CX-Portfolio um die Omni-Channel-Customer- Engagement-Plattform Emarsys erweitert, die standardmäßig in die SAP Commerce Cloud integriert ist. Emarsys ermöglicht Anwender:innen eine sehr stark personalisierte Kontaktaufnahme mit Endkund:innen in Echtzeit und liefert schnell und übersichtlich Kennzahlen und Veränderungstrends auf einen Blick. Im Gegensatz zur SAP Marketing Cloud eignet sich Emarsys insbesondere für Use-Cases im B2C-Kontext.

Mutig voran in die Cloud-Welt

Zwei Aspekte nimmt Christoph Rauhöft aus dem großen CX-Wandel bei seinem Arbeitgeber mit: „Erstens: Wandel strategisch verankern und vorleben. Zweitens: Immer ein Change-Management etablieren und so Ängste und Bedenken nehmen, betroffene Kolleg:innen einbeziehen und zeigen, dass es voran geht!“ Ein wesentlicher Bestandteil dieses grundlegenden Wandels war die Etablierung eines übergreifenden Center-of-Excellence sowie eines Architektur-Boards. Hier konnten alle wichtigen Stakeholder gemeinsam Themen erarbeiten, diskutieren und CX-übergreifende Leitplanken und Standards definieren. „Die Projekte legen vor und liefern Input und Themen. Die übergreifenden Runden verteilen die wichtigsten dieser Themen und generieren Synergien“, erklärt Christoph Rauhöft. „Nur so kann aus einzelnen Produkten eine ganzheitliche und effiziente CX-Landschaft geformt werden.“

Stadtwerke Düsseldorf AG

Die Stadtwerke Düsseldorf AG sind seit über 150 Jahren Dienst­leister für Strom, Gas, Wasser und Fernwärme und stellen die Abfallentsorgung in der Landeshauptstadt sicher. Als einer der größten kommunalen Versorger Deutschlands beliefern die Stadt­werke Düsseldorf mit über 3.100 Mitarbeitenden rund 600.000 Kund:innen.

Bildnachweis: Shutterstock+Daniella Winkler, Stadtwerke Düsseldorf

Autorin

Autorin: Sarah Meixner
blaupause-Redaktion
blaupause@dsag.de