So einfach wie genial

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Die hohen Energiepreise belasten Haushalte und Unternehmen nach wie vor enorm, die praktische Umsetzung von Strom- und Gaspreisbremse ist kompliziert und braucht Zeit. Nils Weil, Referent Wärmemarkt Abteilung Energiewirtschaft vom Verband kommunaler Unternehmen e. V. (VKU), zu den Herausforderungen und Aufgaben der letzten Monate für die Verbandsmitglieder und warum die Zusammenarbeit mit der DSAG wichtig und zielführend war.

Welche neuen Herausforderungen durch die aktuelle Krise ergaben und ergeben sich für den VKU und seine Mitglieder?

Nils Weil: Als aktive Teilnehmer an den Strom- und Gasmärkten sowie an der Belieferung von Haushalten und gewerblichen Verbrauchern, wie z. B. der Industrie, sind die Stadtwerke zentrale Akteure der energiewirtschaftlichen Wertschöpfungskette und daher in vielfältiger Weise von der aktuellen Situation betroffen. Hervorzuheben ist in diesem Kontext sicherlich ihre Rolle in der Umsetzung der politisch beschlossenen Preisbremsen für Strom, Gas und Wärme. Gleichzeitig führen die Preisturbulenzen an den Energiemärkten sowie die unklaren Entwicklungsperspektiven auch zu wirtschaftlichen Risiken bei den kommunalen Energieversorgern. Um den Energiehandel zu stabilisieren und die energiewirtschaftlichen Lieferketten abzusichern, bedarf es ergänzender Unterstützung durch den Bund. Daher fordert der VKU vehement einen Schutzschirm für die kommunale Energiewirtschaft.

Was leistet der VKU für seine Mitglieder, damit diese gut durch die Krise kommen?

Nils Weil, Referent Wärmemarkt Abteilung Energiewirtschaft
vom Verband kommunaler Unternehmen e. V. (VKU)

Kernaufgabe des VKU ist die politische Interessensvertretung der Kommunalwirtschaft gegenüber der Politik. Im vergangenen Jahr kam dieser Aufgabe eine besondere Bedeutung zu, weil das Jahr 2022 aufgrund der Ukraine-Krise durch eine enorme Anzahl an Gesetzgebungsverfahren geprägt war. Neben den politischen Reformen zur Umsetzung der Energiewende mussten zusätzlich auch Antworten auf die Herausforderungen bei Versorgungssicherheit und Preisstabilität gefunden werden. Eine wesentliche Aufgabe z. B. im Kontext der politischen Beschlussfassung zur Entlastung der Gas- und Wärmepreise bestand darin, für eine möglichst einfache Ausgestaltung mit geringem bürokratischem Mehraufwand zu werben. Zusätzlich halten wir unsere Mitgliedschaft durch regelmäßige schriftliche sowie auch digitale Formate aktuell über die Entwicklungen im politischen Berlin informiert. Manchmal ist es aber auch die größte Hilfe, einfach eine Möglichkeit zum Austausch untereinander zu schaffen. Die Initiative der DSAG und SAP ist hierfür ein sehr gutes Beispiel.

Wie kam es zu dieser verbandsübergreifenden Initiative zwischen VKU, DSAG und dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW)?

Die Umsetzung der Gas- und Wärmepreisbremse sowie natürlich auch der Strompreisbremse stellt enorme Anforderungen an etablierte IT-und Abrechnungssysteme. Innerhalb einer sehr kurzen Frist müssen zum Teil grundlegende Umstellungen vorgenommen werden, damit Haushalte und gewerbliche Kunden sehr schnell eine Entlastungswirkung von den massiv gestiegenen Energiepreisen erfahren. Dieser Fall stellt eine Situation dar, welche es in dieser Form noch nicht gegeben hat. Die Idee der DSAG im Herbst 2022 war dabei so einfach wie genial: Lasst uns die Schwarmintelligenz der Expert:innen aus den Unternehmen nutzen, um konstruktiv an einer Lösung zu arbeiten. Der VKU hat „lediglich“ seine Mitgliedschaft über das Vorhandensein der entsprechenden Austauschplattform bei der DSAG informiert. Das große Interesse hat uns sehr gefreut, weil wir den Eindruck hatten, damit spürbar geholfen zu haben.

Welche Prozesse genau müssen die Versorger fit bekommen?

Die größte Herausforderung liegt sicherlich darin, die Abrechnungssysteme anzupassen. Im Massengeschäft mit Haushalten müssen bspw. in vielen verschiedenen Tarifen die Entlastungsbeträge zum Teil kundenindividuell errechnet, weitergegeben und ausgewiesen werden. Diese Prozesse sind bisher in der IT vielfach noch nicht etabliert. Im Geschäft mit Gewerbe- und Industriekunden gilt es häufig zu klären, ob die konkreten Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Und auch hier müssen die Rechnungsformulare und -beträge angepasst werden. Parallel haben die Versorger sehr viele Kundenanfragen zu bearbeiten, wobei wir mit einem weiter steigenden Informationsbedarf rechnen. Schließlich muss die Vorauszahlung beantragt werden, und dafür haben Kund:innen zusätzliche Nachweispflichten zu erfüllen: Eine enorme Mehrarbeit in kurzer Zeit für die Mitarbeitenden der Stadtwerke. Es galt und gilt immer noch, die IT-Systeme und insbesondere die Abrechnungssysteme so aufzustellen, dass die neuen Anforderungen realisiert werden können. Hierfür ist der gute Austausch zwischen der DSAG und SAP sehr hilfreich.

Von welchem Zeitrahmen sprechen wir?

Der Zeitplan für die politischen Beschlussfassungen sowie auch für die Umsetzung durch die Unternehmen gestaltete und gestaltet sich noch extrem anspruchsvoll. Prozesse, welche in „normalen“ Zeiten sicherlich mehrere Monate oder auch Jahre gedauert hätten, liefen extrem schnell ab. Bei den Entlastungsmaßnahmen im Bereich Gas bzw. Wärme lagen zwischen dem Konzeptvorschlag durch die „Experten-Kommission Gas und Wärme“ und dem Inkrafttreten der entsprechenden Gesetze nur wenige Wochen. Für die Unternehmen stellt sich der anspruchsvolle Zeitplan umso mehr, weil erst dann mit der Umsetzung begonnen werden kann, wenn Klarheit über die konkrete Ausgestaltung und die Abwicklungsprozesse der Preisbremsen herrscht. Viele hatten sich aufgrund der sehr kurzfristigen Absage an die Gaspreisbeschaffungsumlage ja leider umsonst Gedanken über deren Umsetzung gemacht. Einen ähnlich anspruchsvollen Zeitrahmen sehen wir bei der Strompreisbremse, die seit dem 1. Januar 2023 in Kraft ist. Politisch beschlossen wurde das entsprechende Gesetz aber erst Mitte Dezember. Die Zahlen verdeutlichen den enormen Kraftakt und die Mammutaufgabe, die durch die unternehmerische Praxis geleistet werden müssen. Aber schlussendlich – und das muss man sich auch immer vor Augen halten – leisten die Umsetzungsverantwortlichen in den Versorgungsunternehmen damit einen essenziellen Beitrag, um das wirtschaftliche Zusammenleben unserer Gesellschaft zu stabilisieren.

Wie schätzen Sie das Engagement der DSAG beim Thema Gaspreisbremse ein?

Bei der DSAG bündelt sich das geballte SAP-Wissen zum Thema Utilities, und der mittlerweile jahrzehntelange Austausch mit SAP und praktizierte Einflussmöglichkeiten helfen sehr. Wir schätzen das Engagement der DSAG daher als außerordentlich wichtig ein. Das große Interesse unserer Mitgliedschaft an der DSAG-Idee, über Schwarmintelligenz und Austausch bzw. Diskussion zwischen den Expert:innen aus den Unternehmen Lösungsansätze zu finden, zeigt die Bedeutung der Anwendervereinigung eindrucksvoll.

Vielen Dank für das Gespräch!

Verband kommunaler Unternehmen e. V. (VKU)

Der VKU ist die Interessenvertretung der kommunalen Versorgungs- und Entsorgungswirtschaft in Deutschland. Im VKU sind über 1.500 Mitgliedsunternehmen organsiert, die v. a. in der Energieversorgung, der Wasser- und Abwasserwirtschaft, der Abfallwirtschaft und Stadt­reinigung sowie im Bereich Telekommunikation tätig sind. Mit rund 293.200 Beschäftigten haben sie 2020 Umsatzerlöse von rund 123 Mrd. Euro erwirtschaftet und mehr als 16,4 Mrd. Euro investiert.

Bildnachweis: iStock, Shutterstock+Daniella Winkler, Verband Kommunaler Unternehmen (VKU)

Autorin

Autorin: Sarah Meixner
blaupause-Redaktion
blaupause@dsag.de