Ohne Geschmacksverstärker in die Cloud

„Essen, wie es sein soll“: Dafür steht das FRoSTA-Reinheitsgebot des deutschen Marktführers für Tiefkühl­produkte. Keinerlei Zusatzstoffe, transparente Produktionsprozesse und eine lückenlose Rückverfolgbarkeit der Produkte sind schon lange Standard beim Bremerhavener Mittelständler, den neue Kundenwünsche, stockende Lieferketten oder steigende Rohstoffkosten heute mehr denn je fordern. Alles Entwicklungen, die auch die Entscheidung für „RISE with SAP“ beeinflusst haben, sagt Ben Windhorst, Director Digital Transformation & IT.

Prinzipien zu haben ist manchmal gar nicht schwer: FRoSTA jedenfalls macht’s vor, u. a. mit einem Zutaten-Tracker, den Kundinnen und Kunden schon seit 2013 nutzen können, und einem absoluten No-Go für Stabilisatoren, Aromen oder Geschmacksverstärker. Das geht so weit, dass nicht einmal das Salz für die Produkte fertig zugekauft, sondern während der Produktion frisch von einem Salzblock hinzugefügt wird. Ganz ohne Rieselhilfen und Jodzusatz.

Das Ohr am Markt

„Wir haben viele Veränderungen, die direkt aus dem Markt kommen – also Endkundenwünsche und Trends –, genauso wie Entwicklungen, die aus logistischen Herausforderungen oder Ressourcenknappheit resultieren, wie es während der Corona-Pandemie und nun aktuell seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine der Fall ist“, erklärt Ben Windhorst, Leiter Digital Transformation & IT bei FRoSTA. „Daran müssen wir uns schnell anpassen und unserer internen Organisation Informationen faktenbasiert zur Verfügung stellen, insbesondere, um schnell Entscheidungen treffen zu können.“

Ben Windhorst, Director Digital Transformation & IT bei FRoSTA

Oder anders formuliert: Unglaublich viele Prozesse wie z. B. Planungs- und Produktionsprozesse müssen bei Bedarf schnellstmöglich, aber auch langfristig angepasst werden. Und das über unterschiedliche Standorte und IT-Systeme im Unternehmen hinweg. Und genau an dieser Stelle lag das Problem: Denn diverse gewachsene IT-Infrastrukturen erschwerten schnelle und flexible Reaktionen, hinzu kamen mangelnde interne IT-Ressourcen. „Uns war schon früh klar, dass an der Cloud, in welcher Ausprägung auch immer, kein Weg vorbeiführt“, blickt Ben Windhorst zurück ins Jahr 2019.

Gründe für „RISE with SAP“ bei FRoSTA

  • Verschiedene IT-Systeme mit On-Prem-Installationen in eigenen Data-Centers mit regelmäßig wiederkehrenden und kostenintensiven Hardware-Investitionen
  • Hohe Security-Anforderungen an Prozesse und Infrastrukturen
  • Kaum interne, fachliche Ressourcen

Die erste Entscheidung fiel in Bremerhaven daher für einen Brown­field-Ansatz, um schnellstmöglich S/4HANA produktiv und gleichzeitig eigene Entwicklungen und Lösungen weiter nutzen zu können. „Und dann überraschte uns Covid-19“, erinnert sich der Director Digital Transformation & IT an Anfang 2020. „Glücklicherweise waren Remote-Arbeitsplätze bei FRoSTA bereits eingeführt, so dass die Pandemie 2020 wenigstens für das Verwaltungspersonal keine große Umstellung bedeutete.“ Die Cloud-Pläne konnten allerdings erst 2021 tatsächlich umgesetzt werden – und das als einer der ersten RISE-Mittelstandskunden weltweit.

„Als Mittelständler müssen wir uns immer wieder sehr schnell an neue Gegebenheiten anpassen. Und das geht immer einfacher und besser, und zwar mit einer Lösung, einer Technologie, die das umsetzen kann – am besten in Form eines skalierbaren Pakets und ‚As-a-Service‘.“

Ben Windhorst

Director Digital Transformation & IT bei FRoSTA

Ambitionierte Ziele

Ben Windhorst weiß, dass interne Prozesse am besten optimiert werden, wenn man alle erforderlichen Informationen hat. Die wiederum bekommt man nur durch Daten und IT-Infrastrukturen, die nicht komplex, dafür aber maximal flexibel, agil und gleichzeitig konsolidiert sind. „Wir wollen bis 2025 digitaler Champion in der Frozen-Food-Industrie sein“, sagt er. „Das ist eine ambitionierte RISE-Roadmap, die wir aber schaffen können. Hier spielt unsere Entscheidung für ‚RISE with SAP‘ definitiv mit rein, insbesondere auch, da wir schon länger bereits ausgeprägte SAP-Landschaften haben und fest von SAPs Expertise überzeugt sind.“ Ein weiteres großes Ziel bezog sich wie bei vielen anderen auch auf Einsparungen, die durch die Konsolidierung der unternehmenseigenen Data-Center erreicht werden sollten: „20 Prozent Einsparungen im Betrieb waren das Ziel, und das haben wir geschafft.“

FRoSTA produziert nach ihrem Reinheitsgebot „Essen, wie es sein soll“
(„food the way it should be“).

Freie Wahl bei den Hyperscalern

Ende 2020 nahm FRoSTA die Hyperscaler aka Cloud-Anbieter für Infrastruktur und Applikationen via Ausschreibung genauer unter die Lupe. „Dank des ‚RISE with SAP‘-Konzepts hatten wir die Möglichkeit, den Anbieter selbst auszuwählen, also das für uns passendste und beste Angebot zu bestimmen“, freut sich der Transformations­­experte noch immer über das flexible Angebot.

Entscheidung für Microsoft Azure

  • Durch Legacy-Systeme, MS Office und Device-Management-Tools war bereits MS-Know-how vorhanden
  • Folglich mussten operative Logistiksysteme und Produktionssysteme nicht zwingend in einen Multicloud-Ansatz
  • Weniger Komplexität für FRoSTA als andere Anbieter

Optimal gepasst hat auch der darin enthaltene Security-Aspekt. Denn es war klar, dass Betrieb und Wartung der On-Premise-Security- und Legacy-Systeme erstens mit internem Personal nicht zu stemmen und zweitens durch weitere externe Partner mit viel zu hohen Kosten und Aufwand verbunden wären. „Warum dann nicht gleich zentral den Cloud-Anbieter alles übernehmen lassen? Und zwar von der Prävention über den aktuellen Betrieb, Wartung und die ständigen Updates, einfach und zentral aus einer Hand“, fasst Ben Windhorst zusammen.

FRoSTA AG

Fast 1.800 Mitarbeitende sind für die FRoSTA AG in 6 Ländern im Einsatz. Produziert wird in drei Werken in Deutschland (Hauptsitz Bremerhaven) und einem in Polen. Die Marke FRoSTA ist mit Tiefkühlfisch, -gemüse sowie -gerichten in Deutschland, Polen, Österreich, Italien und Osteuropa erfolgreich. Der Konzernumsatz betrug 2021 527 Millionen Euro. FRoSTA produziert nach ihrem Reinheitsgebot „Essen, wie es sein soll“ („food the way it should be“). frosta.de

Licht ins Dunkel gebracht

Nach der Entscheidung vergingen von der Ausschreibung über die Unterschrift auf dem RISE-Vertrag bis zum Produktivstart gerade einmal knackige drei Monate – ein extrem kurzer Zeitraum im Vergleich zu klassischen Data-Center-Migrationen, wie auch Ben Windhorst zugibt. Natürlich läuft bis heute noch nicht jeder Prozess komplett rund: „‘RISE with SAP‘ hat noch viel Potenzial, vor allem die Services besser aufeinander abzustimmen, oder all die Möglichkeiten einer Business Technology Platform (BTP) mit Anbindung an Concur, SAP Analytics Cloud (SAC), SAP Integrated Business Planning (IBP), Ariba oder SuccessFactors optimaler darzustellen und zu realisieren“, ist der IT-Experte überzeugt.

Kopfzerbrechen bereiteten ihm und seinem Team während der Umsetzung zwei Themen: Erstens die Anbindung der Non-SAP-Systeme, in diesem Fall einer Oracle-Datenbank. „Das kann man besser und schneller hinbekommen!“, erinnert sich Ben Windhorst. Und zweitens waren die internen Unternehmenssysteme und auch die -datenbanken so großvolumig, dass die Online-Verbindung für die Übertragung und somit auch die geplante Downtime-Zeit nicht ausreichend waren. Mit der Folge, dass die Daten auf einer Disc physikalisch ins Hyperscaler-Data-Center gebracht werden mussten.

Optimierungspotenziale und Learnings bei FRoSTA

  • Standard-Konnektoren funktionieren nicht so reibungslos wie gewünscht (z. B. zwischen S/4HANA und Cloud-Lösungen wie hier etwa SAC oder BTP)
  • IT-Landschaft „aufräumen“, denn hohe Frequenz von Upgrades und Release-Wechseln, Menge der Add-ons und Eigenentwicklungen im Blick behalten
  • Schnittstellen zu Legacy-Systemen minimieren
  • Konsolidierung der Business-Warehouse (BW)- oder Human-Capital-Landschaft nicht zwingend in einem Zug durchführen

SAP muss flexibler werden

Aktuell ist FRoSTA mit „RISE with SAP“ noch nicht am Ende der Reise: Technologien mit Mehrwert wurden bereits identifiziert, etwa der Aufbau eines Netzwerks für Kundinnen und Kunden sowie Lieferanten mit Ariba und der SAP Business Technology Platform (BTP). Auch so genannte Frontline-Worker an den Produktionslinien sollen – wo machbar und sinnvoll – mit SAP-Anwendungen arbeiten, etwa zur Rückmeldung von Material- und Maschinendaten.

Vor diesem Hintergrund bietet es sich an, dass neue Module dazu genommen oder abgeschaltet werden können, je nach Vertragskonstrukt, davon ist Ben Windhorst fest überzeugt. Aber er gibt auch zu bedenken, dass die klassische Kundschaft nicht auf der grünen Wiese unterwegs ist und ihren Vertrag u. U. mit einer Menge Altlasten startet – wie bspw. FRoSTA, die bereits seit fast drei Jahren Lizenzen und Services konsumiert und bezahlt haben, so dass sich das Start-Up-Package von „RISE with SAP“ mit z. B. der BTP seinem Empfinden nach eher weniger auszahlt. „Hier könnte man beim Thema Lizenzen sicher noch etwas schrauben, um bei Unternehmen, die schon länger mit SAP unterwegs sind, die Entwicklungsplattform wirtschaftlicher zu machen“, regt der Director Digital Transformation & IT an. Auch die Zusammenarbeit mit einem SAP-Partnerunternehmen empfiehlt er nachdrücklich, um stets die passende Unterstützung im operativen Geschäft an der Seite zu haben.

Bildnachweis: iSTock+FRoSTA Tiefkühlkost GmbH+Daniella Winkler, FRoSTA Tiefkühlkost GmbH

Autorin

Autorin: Sarah Meixner
blaupause-Redaktion
blaupause@dsag.de