SAP-Experience-Management-Strategie: aus Erfahrung gut?

Das Marketing soll künftig Lösungen bereitstellen, die die steigenden Kundenerwartungen in Bezug auf Datenschutz, Zustimmung und Omnichannel-Engagement erfüllen. Auf der anderen Seite sollen Geschäftsergebnisse schneller und transparenter erreicht werden. Wie dies durch die Integration neuer Lösungen in das SAP-Customer-Experience (CX)-Portfolio gelingen kann, darüber sprach die blaupause-Redaktion mit Sven Feurer, Senior Director Product Strategy & Operations SAP Customer Experience bei SAP, und Tilo Freund, Sprecher des Arbeitskreises Customer Experience (CX) bei der DSAG.

Der Arbeitskreis Customer Experience (CX) hat mittlerweile mehr als 500 registrierte Mitglieder. Ein Erfolgsmodell. Wie lässt sich der große Zuspruch erklären?

Tilo Freund: Wir hatten bereits im Arbeitskreis Vertrieb & Marketing (jetzt CX) bzw. der Arbeitsgruppe C/4HANA sehr viele Mitglieder. Zum einen gab es seitens SAP in den vergangenen Jahren ebenfalls viel Bewegung in den Systemen. Und zum anderen haben die Themen Marketing, Vertrieb und Service durch die hohe Dynamik in den Märkten deutlich an Stellenwert gewonnen.

Tilo Freund, Sprecher des Arbeitskreises Customer Experience (CX)

Mit der Übernahme von Emarsys will SAP neue Maßstäbe in der personalisierten Ansprache der Kundinnen und Kunden setzen. Wie weit ist die Integration dieser Lösung im SAP-CX-Portfolio vorangekommen, und was dürfen CX-Kunden in Zukunft erwarten?

Sven Feurer: Unsere Vision bei SAP für die Zukunft des Marketings ist es, Kundinnen und Kunden eine Lösung bereitzustellen, die einerseits hilft, die steigenden Erwartungen in Bezug auf Datenschutz, Zustimmung (Consent) und Omnichannel-Engagement zu erfüllen. Andererseits sollen sie ihre Geschäftsergebnisse schneller und transparenter erreichen. Eine datengetriebene, höchst personalisierte Kommunikation mit Kunden spielt dabei eine wesentliche Rolle. Hier kommt Emarsys ins Spiel. Bekannte Marken nutzen deren Omnichannel-Plattform zur systematischen Steigerung ihrer Geschäftsergebnisse durch Automatisierung des No-Touch-Customer-Engagements. Personalisierung auf Basis von Künstlicher Intelligenz (KI) setzt dabei neue Maßstäbe mit insgesamt 149 Mrd. personalisierten Interaktionen über Emarsys allein im letzten Jahr. Diese Customer-Engagement-Lösung werden wir schrittweise mit anderen CX-Lösungen verbinden. Schon heute gibt es eine Standardintegration zwischen Emarsys mit der SAP Commerce Cloud sowie der SAP Customer Data Platform inklusive vordefinierter Engagement-Taktiken für Ereignisse wie z. B. den Einkaufswagen zu aktualisieren, den Kundenauftrag anzulegen, Produkte im Shop zu bewerten oder Verzögerungen bei der Auslieferung zu erkennen. Weitere Integrationen z. B. mit der Sales Cloud oder Service Cloud (C4C) sind für dieses Jahr geplant.

Warum entschied sich SAP für Emarsys?

Sven Feurer: Kurz gesagt: wegen der Daten. Wie in anderen Unternehmensbereichen auch haben unsere Kundinnen und Kunden mit einer wachsenden Zahl an Daten zu tun. Informationen über ihr Kaufverhalten z. B. bestehen neben der eigentlichen Transaktion aus einer Vielzahl weiterer Signale wie z. B. Klick-Verhalten im Webshop, Geo-Information aus einer mobilen App, Rückmeldungen aus Umfragen, Produktbewertungen oder Interaktionen in sozialen Medien. Laut einer Studie von Google über das Kaufverhalten junger Menschen in den USA dauerte es ganze 73 Tage und 250 digitale Touchpoints, bis sich ein Konsument im Schnitt für ein neues Paar Jeans entscheiden konnte. Mit CX möchten wir Unternehmen dabei unterstützen, diese Daten für sich nutzbar zu machen und im jeweiligen Kontext entlang der Customer-Journey sinnvoll einzusetzen. Dabei ist eine neue, moderne und hochleistungsfähige Software-Architektur erforderlich, die wir mit Emarsys und der Customer Data Platform sukzessive ausbauen.

Sven Feurer, Senior Director Product Strategy & Operations SAP Customer Experience, SAP SE

Welche Rolle spielen Integrations- und Migrationsthemen im Arbeitskreis?

Tilo Freund: Integration entscheidet mit darüber, ob Unternehmen am Markt weiter existieren oder nicht. Damit meine ich nicht nur die reine technische Integration von Systemen, sondern auch die übergreifende Arbeit von Abteilungen. Wir müssen weg von Silos und hin zu einem Team, in dem von Research & Development über den Vertrieb bis zum Service zusammengearbeitet wird. Damit ergeben sich neue Möglichkeiten, wie z. B. die Verwendung von Sensorik für den Aufbau neuer Geschäfts- und Service-Modelle, die natürlich auch eines neuen Denkens der Prozesse und Teams im Unternehmen bedürfen. Noch weiter ausgeholt wäre es, das Thema Kreislaufwirtschaft mit einzubeziehen, bereits im Design-Prozess auf die Wiederverwendbarkeit der Produkte zu achten und damit direkt in die eigenen Aftersales-Prozesse einzugreifen.

Warum wurde die Zielgruppe des Arbeitskreises CX auf Fachteams und -abteilungen jenseits der IT erweitert?

Tilo Freund: Technik um der Technik willen ist passé. Wir brauchen gemeinsame Teams, die an den Themen arbeiten, die immer vielfältiger werden. Richtig gut wird es immer dann, wenn wir einen Erfahrungs- und Ideenaustausch branchen- und rollenübergreifend im Arbeitskreis etablieren können. Dies wäre ein riesiger Boost für alle Beteiligten.

Sven Feurer: Mich persönlich freut es, dass wir mit der DSAG einen wertvollen Partner haben, der uns – stellvertretend für mehr als 3.800 Unternehmen in der DACH-Region – immer wieder auf technische Anforderungen hinweist, darunter Themen wie Integration, Architektur, Datenmodell oder Analytics. Dieses Feedback nehmen wir sehr ernst und lassen es in die Standardentwicklung einfließen. Daneben stehen – mindestens genauso wichtig – die Fachbereiche mit ihren fachlichen Anforderungen z. B. an den Funktionsumfang oder das Benutzererlebnis. Aus meiner Sicht sollten im Arbeitskreis CX beide Gruppen vertreten sein, um gemeinsam an dem Ziel für mehr Kundenorientierung in den Unternehmen zu arbeiten.

Arbeitskreis Customer Experience (CX)

Im DSAG-Arbeitskreis Customer Experience (CX) werden Inhalte rund um das Thema Customer Experience besprochen und gemeinsam kritisch behandelt. Das Gremium richtet sich vor allem an die Fach-Teams bzw. Fachabteilungen der Mitgliedsunternehmen jenseits der IT. Aktuelle Trends und Marktforschungen stehen ebenso auf der Agenda wie der aktive Austausch rund um das allgemeine Themengebiet Customer Experience.

Der Arbeitskreis konzentriert sich auf die Verknüpfung der geschäftlichen und fachbezogenen mit der technischen Sicht. Dabei werden die Lösungen der SAP aus einem Anwendungsfokus betrachtet. Im Zuge dessen sind auch technische Themen, wie z. B. die Integration in bestehende Systeme interessant, da sie einen durchgängigen Prozessablauf ermöglichen. Zudem werden Migrationsthemen sowie wirtschaftliche Möglichkeiten erörtert.

Worin besteht dabei die Herausforderung?

Tilo Freund: SAP wird immer noch als IT-Thema wahrgenommen und damit auch die DSAG. Wenn ich in die Foren schaue oder den Jahreskongress betrachte, dann sind die Themen dort meist technisch aufbereitet, erst anschließend kommt der Schwenk auf die Prozesse. Es werden zwar mehr und mehr fachliche Schwerpunkte gelegt, nur dauert es einfach, bis sich hier ein neues Mindset herausbildet.

Welche aktuellen Themen werden im Arbeitskreis besprochen?

Tilo Freund: Zum einen viele strategische Punkte wie die Ausrichtung des SAP-Portfolios. Zum anderen wollen wir neben den Informationen direkt aus SAP-Hand sowie den Kunden-Webcasts mehr Zusammenkünfte in kleinen persönlichen Runden anbieten, um wieder in einen engeren Austausch zu kommen.

Inwieweit decken sich die Themen des Arbeitskreises mit den CX-Themen von SAP?

Sven Feurer: Wir versuchen gemeinsam mit der DSAG, die gesamte Bandbreite der CX-Themen zu adressieren. Dabei sehen wir auch anhand von Beiträgen der Mitglieder, wo Prioritäten liegen und können entsprechend darauf reagieren. Zudem möchte ich auf die „Open-Fridays-Initiative“ hinweisen, die erstmalig am 1. April an den Start ging – ein virtuelles Treffen für Mitglieder, um unkompliziert Fragen zu diskutieren oder Anregungen und Verbesserungsvorschläge an den Arbeitskreis CX zu geben.

Wie schätzt SAP die Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis CX ein?

Sven Feurer: Wir sehen in der Zusammenarbeit mit der DSAG einen großen Mehrwert für alle Beteiligten. Was man noch weiter ausbauen könnte, wäre die Kommunikation mit Teilnehmergruppen außerhalb des Arbeitskreises. Ein konkretes Beispiel: Für manche Anwenderinnen und Anwender, die zwar CX-Lösungen einsetzen, aber nicht Teil des Arbeitskreises sind, bleiben unsere Aktivitäten innerhalb der Gruppe verborgen. Abhilfe schaffen könnten z. B. externe „Landing Pages“ für unsere CX-Veranstaltungen, an denen man sich auch als Gast registrieren darf.

Wo sieht der Arbeitskreis bei SAP Handlungsbedarf, was das Thema CX betrifft?

Tilo Freund: Wichtig sind Planbarkeit im Portfolio und auch das Zusammenwachsen der Lösungen sowie die kontinuierliche Verbesserung der Integration in die weitere SAP-Landschaft.

Wo steht SAP aktuell mit der Weiterentwicklung der Customer Experience? Was ist noch in der Pipeline?

Sven Feurer: Grundsätzlich verfolgen wir mit CX einen klaren Wachstumskurs. Allein im letzten Jahr haben unsere Kundinnen und Kunden über die Commerce Cloud Umsätze von 1,1 Billionen Dollar abgewickelt. Die Customer Data Cloud verwaltet über 3,2 Mrd. Identitäten und 11,7 Mrd. Einwilligungserklärungen, und in der Sales & Service Cloud waren es zuletzt 2,5 Mrd. Kundinnen und Kunden und Aktivitäten. Ihr Vertrauen in diese Lösungen ist großer Ansporn und Motivation zugleich. Neben funktionalen Erweiterungen und intelligenten Szenarien (AI, ML, IOT) arbeiten wir in diesem Jahr weiter an der „Business-to-Everyone“-Strategie. Dabei werden beispielsweise Emarsys und die Customer Data Platform (CDP) schrittweise um B2B-Funktionalitäten erweitert und mit Commerce-, Sales- und Service-Prozessen verknüpft. Bei der Modernisierung der Architektur von Sales und Service Cloud (C4C) sehen wir ebenso große Fortschritte. Anwenderinnen und Anwender dürfen sich in diesem Jahr auf neue, intelligente Features freuen (z. B. Guided Selling, Next-Best Action, Customer Insights, Account Engagement, New Agent Desktop) und erhalten eine noch tiefere Integration mit Microsoft Teams (Share-Workspaces). Darüber hinaus werden wir uns den Themen Revenue-Generating CX und Customer-Loyalty-Management widmen.

Warum sollen sich Unternehmen unbedingt im Arbeitskreis registrieren?

Tilo Freund: Dafür spricht einiges: der Austausch untereinander, die Möglichkeit, persönliche Herausforderungen in einer Gruppe zu besprechen, in der die Teilnehmenden mal nicht die Unternehmensbrille aufhaben, und natürlich die Chance, Einfluss auf die Produktentwicklung zu nehmen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Bildnachweis: DSAG, SAP SE, Shutterstock+Anna Polywka

Thomas Kircher

Autor: Thomas Kircher
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