Wohin mit den Reisen in der Corona-Zeit?

Frau mit Reisekoffer

Reisekostenabrechnungen in Concur

Als im Januar 2020 die erste Corona-Infektion außerhalb Chinas entdeckt wurde, war noch nicht abzusehen, dass das Virus den ganzen Globus noch Jahre in Atem halten würde. Mit der Pandemie haben weltweit fast alle Unternehmen ihren Beschäftigten vermeidbare Dienstreisen gestrichen. Aus Finanzleiter-Sicht eigentlich ein Grund zur Freude – sind doch Geschäftsreisen neben Löhnen und Gehältern oft ein großer Kostenblock in Unternehmen. Doch wer seine Reisekostenabrechnungen mittels der Cloud-Lösung Concur abwickelt, musste trotz ausgefallener Dienstreisen und dadurch geringerer Gesamtausgaben weiterhin für die Minder-Nutzung von SAP Concur tief in die Tasche greifen. Der Grund aus Sicht der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe e. V. (DSAG): das Bezahlmodell des Software-Unternehmens.

Hermann-Josef Haag, DSAG-Fachvostand Personalwesen & Public Sector
Autor: Hermann-Josef Haag,
DSAG-Fachvostand Personalwesen & Public Sector

Nach eigenen Angaben wickelt Concur jährlich rund 270 Millionen Transaktionen von etwa 60 Millionen End-Usern mit einem Abrechnungsvolumen von mehr als 130 Milliarden US-Dollar für mehr als 48.000 Kunden in über 150 Ländern ab. (Quelle: https://www.concur.de/ueber-concur/concur-weltweit) Mit dem Kauf von Concur im Jahr 2014 wollte sich SAP im Cloud-Umfeld weiter etablieren. Was die Reisekostenabrechnung mit der Cloud-Lösung anbelangt, stößt vor allem das Bezahlmodell bei den Anwenderunternehmen derzeit auf Kritik. Der Grund: Kunden zahlen nicht für die tatsächlich anfallenden Reisekostenabrechnungen, sondern für ein im Vorfeld auf einer Schätzung basierendes Kontingent.

Pay-as-you-use versus Pay-as-you-commit

Am besten lässt sich das Bezahlmodell mit einer Analogie zur klassischen Stromrechnung erklären. Dem Stromanbieter teilen Kunden zu Vertragsbeginn mit, wie viel Strom sie schätzungsweise im kommenden Jahr verbrauchen – z. B. 3.000 Kilowattstunden. Auf dieser Basis wird der monatliche Abschlag berechnet und am Ende des Jahres steht die Abrechnung. Wenn weniger als die 3.000 Kilowattstunden verbraucht wird, erhält der Kunde Geld zurück. Wird mehr verbraucht, muss er nachzahlen und der Abschlag für das neue Jahr wird angepasst. Im Klartext: Bezahlung nach tatsächlichem Verbrauch (Pay-as-you-use).

Bei Concur gestaltet sich das Ganze etwas komplizierter, wie das nachfolgende fiktive Rechenbeispiel belegt. Hier sei darauf hingewiesen, dass es sich bei den gezeigten Preisen ausschließlich um fiktive Zahlen handelt, die zur einfachen Erklärung des Preismodells dienen und nichts mit der tatsächlichen Bepreisung bei Concur zu tun haben. Der Kunde muss angeben, mit wie vielen Reisekostenabrechnungen er in der nächsten Abrechnungsperiode (Jahr, Quartal oder Monat) rechnet. Das sind dann so genannte Claims. Je Claim wird ein bestimmter Preis aufgerufen. Gibt der Kunde z. B. an, dass er 20.000 Claims im nächsten Jahr verbrauchen wird, ruft Concur beispielsweise pro Claim einen Preis von 10 Euro auf und damit fallen jährlich 200.000 Euro an. Diese 200.000 Euro sind auch zu entrichten, wenn weniger Claims beansprucht werden.

Fiktives Rechenbeispiel: Tatsächlicher Preis pro Claim bei SAP Concur
Fiktives Rechenbeispiel

Werden z.B. nur 10.000 Claims genutzt, beträgt der Stückpreis in dieser fiktiven Beispielrechnung dementsprechend 20 Euro. Werden mehr Claims verbraucht, fällt ab 20.001 Claims der so genannte Incremental Fee an. In diesem Rechenbeispiel läge er bei 12 Euro, wodurch bei z. B. 30.000 beanspruchten Claims ein jährlicher Gesamtpreis von 320.000 Euro und damit ein Stückpreis von 10,67 Euro anfiele. Dementsprechend breit kann die Preisspanne für den tatsächlich anfallenden Preis pro Claim sein (siehe Diagramm).

Das hier zugrunde liegende Preismodell lässt sich mit Pay-as-you-commit beschreiben. Im Prinzip muss der Kunde für die gesamte Vertragslaufzeit, die in der Regel zwischen zwei und drei Jahren liegt, festlegen, wie viele Reisekostenabrechnung er pro Jahr machen wird. Aus DSAG-Sicht ist der verhandelte Preis pro Claim daher ein rein theoretischer. Denn er wird lediglich anfallen, wenn der Kunde genau das festgelegte Volumen erreicht. Liegt er darüber oder darunter, wird es entsprechend teurer.

Klausel zu sinkenden Volumina

Da durch die Corona-Krise die meisten Dienstreisen ausgefallen sind, hat sich auch das benötigte Volumen für Reisekostenabrechnungen bei vielen Unternehmen stark verringert. Wer zu dieser Zeit nicht gerade in Vertragsverhandlungen mit Concur steckte und dementsprechend gleich mit einem geringeren Claim-Volumen kalkulieren konnte, musste sich auf das Entgegenkommen des Software-Hauses verlassen. Es sei denn, er hatte eine spezielle Klausel zu sinkenden Volumina im Vertrag. Denn: Konkret lässt sich eine Klausel in den Vertrag aufnehmen, die Neuverhandlungen ermöglicht, wenn das Reisekostenabrechnungsvolumen in zwei aufeinanderfolgenden Abrechnungsperioden um einen bestimmten Prozentsatz einbricht.

Rückblick statt

Aus Sicht der DSAG müsste das Concur-Bezahlmodell überarbeitet werden. Es ist unbestritten, dass auch bei geringerer Nutzung die Bereitstellung der Software-Lösung Fixkosten anfallen, die seitens der Kunden getragen werden müssen.

Im Interesse der Anwenderunternehmen wäre jedoch eine Orientierung an dem zu Anfang geschilderten „Pay-as-you-use“-Modell wünschenswert. So würde der Kunde festlegen, wie viele Claims er im kommenden Jahr vermutlich benötigen wird, dafür einen Stückpreis pro Claim und einen Abschlagspreis erhalten. Nach Ablauf der zwölf Monate würde geprüft, was tatsächlich verbraucht wurde. Insofern weniger verbraucht wurde, ändert sich der Stückpreis für den aktuellen Abrechnungszeitraum. Dieser ist dann zwar höher, doch im Endeffekt wäre die absolute, zu zahlende Summe in den meisten Fällen dann vermutlich niedriger als beim derzeitigen Vertragsmodell. Insofern mehr verbraucht wurde, müsste nachgezahlt werden. Allerdings würde dadurch auch der Preis für den einzelnen Claim günstiger. In diesem aus Anwendersicht idealen Concur-Preismodell wäre der Stückpreis somit abhängig von den tatsächlich erbrachten Volumina. Statt in die Zukunft, würde für die Berechnungsgrundlage in die Vergangenheit geschaut werden.

Tipps für Unternehmen bei Vertragsverhandlungen

Doch das entspricht wie beschrieben nicht dem derzeitigen Bezahlmodell. Somit stellt sich die Frage: Was sollten Unternehmen bei Vertragsverhandlungen mit Concur unbedingt beachten? Die DSAG hat dazu vier wesentliche Tipps zusammengestellt:

  • Unternehmen, die Concur einführen wollen, sollten hart mit dem Software-Hersteller verhandeln.
  • Unternehmen, die bereits mit Concur einen Vertrag haben, sollten jetzt nachverhandeln.
  • Unternehmen sollten die zuvor beschriebene Klausel bei Minder-Inanspruchnahme der Volumina in ihren Vertrag aufnehmen lassen.
  • Unternehmen sollten sich die Preise für verschiedene Grundvolumina berechnen lassen und dann das Volumen mit dem geringsten Risiko wählen. Dabei hilft das Erstellen einer Tabelle und eines Diagramms, wie wir es in unserem Beispiel getan haben. Denn im Endeffekt geht es immer darum, das finanzielle Risiko bei einem Minderverbrauch so gering wie möglich zu halten, da der Preisanstieg bei Mehrverbrauch deutlich moderater ausfällt.

Wem diese Tipps noch nicht reichen, der sollte den direkten Austausch mit weiteren Unternehmen suchen, die Concur im Einsatz haben oder demnächst einführen wollen. Innerhalb der DSAG ist das in der Arbeitsgruppe Concur möglich.