Achillesferse Integration

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Fällt das Stichwort „CX“, denken die meisten automatisch an Cloud-Lösungen. Nicht so die MEGA Gruppe. Der Systemanbieter für Sanierung, Renovierung und Modernisierung nutzt zwar die Commerce- und Marketing-Lösungen des CX-Portfolios (ehemals C/4HANA), den Weg in die Cloud ist das Unternehmen aber bewusst nicht gegangen. Wofür SAP Hybris Marketing und SAP Hybris Commerce eingesetzt werden, berichten Jens Hungershausen, Bereichsleiter IT, und Frank Sonneborn, Leiter E-Business.

Herr Hungershausen, Herr Sonneborn, vor welchen Herausforderungen steht die MEGA Gruppe aktuell und welche Rolle spielt die IT, um diese zu meistern?

Jens Hungershausen, DSAG-Vorstandsvorsitzender

Jens Hungershausen, Bereichsleiter IT bei der MEGA eGJens Hungershausen: Wir haben bisher technisch auf S/4HANA migriert. Jetzt müssen wir uns unsere Prozesse anschauen und mit den Fachabteilungen herausfinden, welche Vorteile des neuen Systems wir wie genau nutzen können. Daraus ergibt sich dann unsere Strategie für das kommende Jahr. Eine weitere große Aufgabe, die auf uns wartet, liegt im CX-Umfeld. Wir müssen uns überlegen, wie wir unsere im Vertrieb und Marketing noch manuellen, Excel-Tabellen-basierten Prozesse weiter digitalisieren können.

Frank Sonneborn: Unser Wunsch nach stärkerer Automatisierung beginnt bei der Zielgruppensegmentierung und geht bis zu verschiedenen Aktionstypen, die wir möglichst individuell mit unterschiedlichen Verkaufsförderungshebeln kombinieren wollen. Im Klartext: Wir möchten eine möglichst hohe Flexibilität, um viele Aktionsarten abzubilden. Gleichzeitig sollen diese aber stark automatisiert mit Vererbungsprozessen funktionieren. Wir wollen nur auf einer Ebene Informationen einspielen, die sich dann auf alle Materialien übertragen.

Auf welche Lösungen setzen Sie konkret, um diese Ziele zu erreichen?

Hungershausen: Wir haben die On-Premise-Lösung Hybris Commerce (siehe Glossar) als vollumfängliche Shop-Lösung bzw. als E-Commerce-Plattform für unsere Kundschaft eingeführt. Der Shop ist seit Ende des Jahres 2017 live. In diesem Kontext haben wir entschieden, Hyb­ris Marketing (siehe Glossar) zu nutzen.

Sonneborn: Über Hybris Marketing steuern wir globale Produktempfehlungen und persönliche Empfehlungsartikel auf den einzelnen Kundennummern aus. Unser Fokus lag im ersten Schritt auf dem Shop-Ökosystem. Erst im nächsten Schritt werden wir uns damit befassen, wie wir Hybris Marketing stärker einbinden können.

Was steht hier als Nächstes auf der Agenda?

Sonneborn: Wir befassen uns aktuell noch mit dem Set-up des Shops. Es geht darum, ein rundes Zusammenspiel der Systeme zu erreichen. Beim Thema Media-Assets, wie z. B. Bilder oder Videos, ist Hybris Commerce nach derzeitigem Stand für uns ungeeignet. Also müssen wir hier noch ein anderes System für unsere Media-Assets integrieren.

Mit CX verbinden viele automatisch den Gang in die Cloud. Sie haben sich aber für On-Premise-Lösungen des Portfolios entschieden. Bitte erläutern Sie warum.

Hungershausen: Technisch betrachtet war On-Premise die bessere Wahl. Wir betreiben sowohl das Hybris- als auch unser ERP-System im eigenen Rechenzentrum. Das hat einerseits Security-Vorteile. Andererseits profitieren wir hinsichtlich der Performance. Wir können unseren Kunden dadurch im Administrationsbereich des Shops Zugriff auf Stammdaten in unserem ERP-System gewähren und mit synchronen Schnittstellen arbeiten. Skalierung spielt für uns aktuell keine Rolle.

Ist die Cloud für die Zukunft eine Option?

Hungershausen: Wenn Hybris Commerce On-Premise nicht mehr unterstützt wird, wird der Gang in die Cloud notwendig. Wir versuchen, immer die aktuellen Release-Stände zu haben, um für den Wechsel vorbereitet zu sein. Bei Hybris Marketing sieht das anders aus. Hier evaluieren wir bereits, ob die Cloud für uns passt

In Marketing und Vertrieb agiert SAP nicht konkurrenzlos. Haben Sie auch die Produkte anderer Anbieter in Betracht gezogen?

Hungershausen: Als wir die Entscheidung für Hybris getroffen haben, ging es uns vornehmlich um den Shop. Wir haben uns einen hohen Grad an Integration versprochen, und deshalb war SAP von vornherein gesetzt. Doch leider hat sich im Laufe des Projekts herausgestellt, dass es an der einen oder anderen Stelle keine Standardintegration gab. Zudem haben es unsere Prozesse teils erfordert, dass wir mit individuellen Schnittstellen agieren. Leider sind die Integrationsszenarien noch nicht so, dass wir eine Out-of-the-Box-Integration hatten.

Wo hat es denn bei der Integration gehakt?

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Hungershausen: Wir ermöglichen unseren Kunden den Zugang zum Shop über die Kundenstammdaten und über die Ansprechpartnerdaten. Wenn z. B. ein Kunde im ERP-System mit einer Auftragssperre versehen wird, sollte dieser sich nicht mehr im Shop einloggen und nicht einkaufen können. Damit diese Sperrinformation in den Shop transferiert wird, nutzen wir das Feld „Auftragssperre“, welches in den Shop übertragen wird. Wenn die Sperre aber wieder entfernt wird, wurde diese Änderung nicht an den Shop übermittelt. Dies liegt daran, dass über das Stammdaten-IDOC keine leeren Felder übertragen werden. Der Kunde wäre also im Shop gesperrt geblieben, obwohl er im ERP wieder freigegeben wurde. Dieselbe Situation haben wir im Bereich Materialstamm. Wenn wir dort fälschlicherweise Werte gepflegt und die Felder im ERP geleert haben, werden diese Informationen nicht im Shop aktualisiert. Hier waren umfangreiche Zusatzprogrammierungen notwendig.

Sonneborn: Die Implementierung war sehr arbeitsintensiv – nicht nur hinsichtlich der Sperrthematik. Beim Zahlungsprozess wollten wir den Kauf auf Rechnung abbilden und auch via Kreditkarte und PayPal. Das sind individuelle Anpassungen, die viel Customizing erfordern.

Gab es weitere Herausforderungen?

Sonneborn: Der Data-Hub in Hybris Commerce ist sehr anfällig. Hier merkt man beim Datenfluss, dass die Integration innerhalb der SAP-Welt noch nicht reibungslos funktioniert. Wir haben unsere Datenübertragung weitgehend automatisiert, aber beispielsweise kann der Data-Hub Massendaten gelegentlich nicht verarbeiten. Wir müssen dann die einzelnen Datensätze übertragen und suchen, woran es liegt. Leider sind es jedes Mal andere Gründe.

Hungershausen: Darüber hinaus haben uns Stammdatenpflege und -aktualität durch das gesamte Projekt als Herausforderung begleitet und Fachabteilungsressourcen gebunden.

Wie war die Resonanz der Mitarbeitenden aus den Fachabteilungen auf die Lösungen?

Sonneborn: Das Feedback war positiv. Viele der 1.800 Kolleginnen und Kollegen bewegen sich jetzt im Shop. Es herrscht mehr Transparenz über das Produktangebot und die -eigenschaften. Davon profitiert vor allem unsere Kundschaft. Der Shop ist zur Informationsgrundlage geworden. Und Hybris Marketing ist eine wertvolle Ergänzung für uns, bezogen auf die Empfehlungen. Ich kann manuell Zubehörartikel zuordnen oder eben automatisch über das System. Hier ist die Treffsicherheit sehr hoch, was Zeit spart.

Was empfehlen Sie anderen Unternehmen, die ebenfalls die eine oder andere Lösung aus dem CX-Portfolio einführen wollen?

Hungershausen: Machen Sie sich im Vorfeld Gedanken über die geplanten Integrationsszenarien. Wenn Sie Preise und Bestände sowohl für das Abhol- als auch für das Liefergeschäft mit entsprechender Logistikverknüpfung in Echtzeit abfragen wollen, ist das aufwendig. Denn: Out-of-the-Box lieferte Hybris außer der IDOC-Auftragsschnittstelle nichts mit, womit Echtzeitabfragen im ERP möglich wären. Es mag sein, dass es mit den neueren Release-Ständen andere Möglichkeiten gibt oder man sich über die SAP Cloud Platform Erweiterungen bauen kann. Aber wir mussten an vielen Stellen selbst aktiv werden.

Sonneborn: Unterschätzen Sie das Thema Stammdaten nicht. Stellen Sie sicher, dass Ihre Produktstammdaten und die Kundenstammdaten gepflegt sind, und planen Sie ausreichend Zeit für die Datenharmonisierung ein. Seien Sie sich außerdem darüber im Klaren, dass es für das Handling von Bildern, Datenblättern oder Videos keine gute Standardlösung von SAP gibt.

Vielen Dank für das Gespräch!

Bildnachweis: DSAG, MEGA eG, Flaticon + Anna Polywka

Autorin: Julia Theis
blaupause-Redaktion
blaupause@dsag.de

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