DSAG-Positionspapier: Künstliche Intelligenz (KI)

Die DSAG steht mit SAP im konstruktiv-kritischen Austausch und als Sparrings-Partner zur Verfügung, um Künstliche Intelligenz weiter und schnell in ihren mehr als 3.800 Mitgliedsunternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu etablieren. In einem DSAG-Positionspapier gibt der Industrieverband nicht nur Empfehlungen zum Umgang mit KI für Unternehmen, sondern fasst auch Forderungen an SAP sowie an Politik und Gesellschaft zusammen.

Die DSAG hat einen Arbeitskreis „OpenAI & SAP“ gegründet. Mit dem Ziel, einzelne Projekte zu pilotieren, um reale Use Cases zu entwickeln. Je nach Entwicklung und Priorisierung der Use Cases und dem Interesse der Community sollen entsprechende Arbeitsgruppen oder Themengruppen mit Best Practices aufgebaut werden. Das Interesse innerhalb der Mitgliedschaft zum Thema KI ist aus Sicht der DSAG bereits jetzt sehr groß. Da die SAP-Strategie in Sachen KI offen für verschiedene Anbieter ist, positioniert sich auch die DSAG künftig entsprechend.

ChatGPT-Sessions als Auftakt

Den Auftakt machte die Interessenvertretung im Mai 2023 in Sachen OpenAI. Hier bot der Industrieverband bereits erste ChatGPT-Sessions bzw. eine OpenAI-Online-Session an. Dort erhielten Mitglieder der DSAG-Community eine Einführung in die Möglichkeiten der KI-basierten Technologien ChatGPT und OpenAI. Es werden die Grundlagen der Technologien sowie deren Funktionen erklärt. Die Teilnehmer:innen bekommen außerdem einen Einblick in geschäftliche Vorteile von ChatGPT & OpenAI, z. B. durch Produktivitätssteigerung von Fachpersonal. Mitglieder können sich als Community-Frontrunner in diesem aufregenden Thema positionieren und erfahren, wie OpenAI eine Chance bietet, die Unternehmens-Transformation zu beschleunigen. Die DSAG sieht es als ihre Aufgabe, die Brücke zwischen ihren Mitgliedsunternehmen, SAP und den Partnern im KI-Umfeld zu schlagen.

Die Aufzeichnungen der bisherigen Sessions gibt es hier:

Vorgehensmodell zu konkreten KI-Use-Cases

DSAG, Microsoft und SAP haben gemeinsam ein Vorgehensmodell entwickelt, um konkrete KI-Use-Cases mit den DSAG-Mitgliedsunternehmen zu erarbeiten. Dieses besteht nach einem gemeinsamen Kickoff aus vier inhaltlichen Phasen:

1. Referenzarchitektur für die Szenarien

In diesem generellen Block werden Themen wie Datenschutz und Datenhaltung diskutiert. Im Fokus stehen die Fragen, wie sichergestellt werden kann, dass Audits erfolgreich durchlaufen und die Daten anonymisiert werden können. Dieser inhaltliche Block soll auf alle Anwendungsfälle übertragbar sein. Das Ergebnis soll ein architektonisches Referenzpapier für SAP ERP Central Component (SAP ECC) und SAP S/4HANA sowie On-Premise, Private und Public Cloud sein.

2. Konstruktionsphase

Dieser Block sieht Workshops vor, in denen Unternehmen geholfen wird, die Use Cases gemeinsam durchzuführen. Das Ergebnis soll sein, dass die Teilnehmenden die Use Cases deployen können. Zudem sollen am Schluss ein How-to-Guide sowie ein Praxisbericht zu den aufgewendeten Ressourcen und der benötigten Zeit stehen.

3. Umsetzung der Szenarien mit Unternehmensdaten

Im dritten Block geht es darum zu testen und zu validieren. Das Ergebnis sollen individuelle Erfahrungsberichte sein, die in einem zentralen Dokument zusammenfassen, was man tun und nicht tun sollte.

4. Abschlussphase

Im vierten Block steht das kommerzielle Modell und dessen Bewertung auf Basis der Validierungsergebnisse im Fokus. Hier geht es darum, die Ergebnisse und Erfahrungen je Kunde zu spiegeln.

Gemeinsam identifiziert haben die Beteiligten bisher die folgenden sieben Anwendungsblöcke: Code-Generation, Auswertung Dokumentationen, Szenario-Unterstützung, IT-/Customer-Support, Human Resources, IT-/SAP-Berechtigungen und Security.

DSAG-Forderungen an SAP auf einen Blick

Bereitstellung aller KI-Innovationen für alle S/4HANA-Kunden

Mit der Bekanntgabe der ursprünglichen Wartungsverlängerung bis 2040 hatte SAP zugesichert, Innovationen für S/4HANA konsequent und langfristig bereitzustellen und Kunden damit Stabilität versprochen. Alle KI-Innovationen für die S/4HANA Private Cloud sind somit für S/4HANA On-Premise mit identischem Leistungsumfang zur Verfügung zu stellen. Dies ist notwendig, um die Verfügbarkeit von Technologien wie Machine-Learning (ML) und Künstlicher Intelligenz (KI) in S/4HANA-Systemen ebenso grundsätzlich sicherzustellen, wie die aus den zahlreichen neuen KI-Funktionen wie bspw. ChatGPT bzw. OpenAI resultierenden Funktions- und Integrationsszenarien.

Einheitliche und standardisierte Rahmenbedingungen sowie umfassendes Monitoring.

Bei der Integration großer Sprachmodelle (LLM) in SAP-Business-Prozesse muss SAP ein zentrales Monitoring der Integration und der abgewickelten Transaktionen ermöglichen. Zudem müssen die Transaktionen wie die mit Hilfe des LLM getroffenen Entscheidungen in unternehmenskritischen Prozessen nachvollziehbar sein. Sobald es sich um für die Rechnungslegung relevante Prozesse handelt, sind die Anforderungen der (IT-)Prüfungsstandards ebenso wie branchenspezifische Prüfungs- und Auditierungsstandards zu beachten. Dazu gehört z. B. eine prozessbasierte GoBD-Verfahrensdokumentation, um den Betriebs- und Wirtschaftsprüfer:innen einen schnellen Überblick über die GoBD-Anforderungen (inbes. lückenlose Dokumentation von Entscheidungsgrundlagen für kaufmännische Buchungen – hier: KI) zu ermöglichen. Zudem braucht es eine klare Regelung von Rollen, Verantwortlichkeiten und ein vollautomatisiertes internes Kontrollsystem (IKS) inklusive einfacher, transparenter Kontrollen und der Bewertung von Risiken.

Angemessene Preismodelle je nach Reifegrad und Umfang der KI-Funktionen.

Es braucht angemessene und transparente Lizenz- und Nutzungsbedingungen. Für die von SAP bereits bekanntgegebenen Partnerschaften mit IBM, Google und Microsoft wird ein kommerzielles Angebot „aus einer Hand“ benötigt. Die kaufmännische Orchestrierung der KI-Funktionen aus diesen Partnerschaften dürfen nicht zu Lasten der Anwendungsunternehmen gehen, sodass diese mit den Anbietern selbst verhandeln müssen. SAP-Kunden sollten alle benötigten Komponenten für die Integration von KI-Algorithmen der Partner komplett über SAP beziehen und auf Basis prozess- oder transaktionsbasierter Metriken erhalten. SAP sollte wenigstens für den Mittelstand als Vertragspartner auftreten, damit dieser keine weiteren Verträge mit anderen Anbietern wie z. B. OpenAI oder Aleph Alpha eingehen muss.

SAP hat pauschal angekündigt, für KI-basierte Services im Rahmen von Premium-RISE-with-SAP-Angeboten Preisaufschläge von bis zu 30 Prozent zu fordern. Da der Software-Hersteller die damit verbundenen Services noch nicht für die entsprechenden Anwendungsszenarien vollumfänglich bereitgestellt hat, müssen sich die Unternehmen nach Ansicht der DSAG die berechtigte Frage stellen: Kann und will SAP als Anbieter von KI-gestützten Szenarien ein relevanter Akteur werden?

Klarheit zur indirekten Nutzung von Daten aus SAP-Systemen für KI-Anwendungen.

Aus DSAG-Sicht braucht es einheitliche Regelungen zur Integration von KI-Modellen in SAP-Applikationen. Insofern derzeit Informationen zwischen SAP-Software und einem Drittsystem ausgetauscht werden, verstößt dies gegen die Bedingungen einer herkömmlichen Benutzerlizenz. Das darf künftig nicht der Fall sein, wenn ein LLM-Modell als Nicht-Named-User auf die SAP-Software zugreift und gegebenenfalls auch Aktionen in ihr ausführt. SAP muss das einheitlich für alle SAP-Produkte in den Lizenzvereinbarungen sicherstellen.

KI-Anwendungen müssen durch die Unternehmen nutzbar sein.

Neben Referenzarchitekturen braucht es aus DSAG-Sicht insbesondere Best-Practice-Guides und Standards für die Integrationsszenarien und -technologien – insbesondere, um sicherzustellen, dass der erforderliche Datenschutz bei der Verarbeitung von personenbezogenen und sensiblen Unternehmensdaten eingehalten wird. Generische Architekturen und Absichtserklärungen mit Partnerunternehmen sind hier nicht ausreichend. Vielmehr werden konkrete Use Cases mit und innerhalb von SAP-Prozessen benötigt. Deren Mehrwert sollte für die Anwenderunternehmen dahingehend transparent gemacht werden, dass hieraus Business-Cases gerechnet werden können, aber auch alle Informationen zur Umsetzung bereitgestellt werden können (vgl. SAP Discovery Center).

Unterstützung beim Aufbau von KI-Kompetenzen in den Öffentlichen Verwaltungen.

Kompetenzen im Bereich der KI sind aus DSAG-Sicht derzeit noch in den Unternehmen oder der Wissenschaft gebündelt, die KI-basierte Anwendungen entwickeln, implementieren oder erforschen. Hier sollten SAP und DSAG den Schulterschluss suchen und gemeinsam die erforderlichen Kompetenzen aufbauen und zusammenbringen. Aus DSAG-Sicht eignen sich hierfür z. B. Initiativen wie die DSAG-Academy und Veranstaltungen wie die DSAG-Personaltage.


Das vollständige DSAG-Positionspapier „Künstliche Intelligenz“ finden Sie hier.