DSAG-Personaltage 2024

Hybride HR-Zukunft mit H4S4?

Auch wenn das bisherige SAP Human Capital Management (SAP HCM) noch bis 2027 bzw. 2030 verfügbar sein wird, ist eine vorausschauende Planung für Anwenderunternehmen unerlässlich. SAP positioniert strategisch die Cloud-Lösung SAP SuccessFactors, obwohl sie derzeit noch nicht für alle Branchen, insbesondere nicht für die öffentliche Verwaltung, eine sofortige Alternative zur bewährten On-Premises-Lösung darstellt. Dementsprechend ist der Weg in eine hybride HR-Zukunft nicht ohne Herausforderungen.

Die Personaltage 2024 am 4. und 5. Juni 2024 in Osnabrück bieten einen umfassenden Einblick in diese dynamische Entwicklung und liefern wertvolle Orientierungshilfen für Unternehmen auf ihrem Weg in die Zukunft des Personalmanagements. So werfen sie z. B. einen Blick auf das neue SAP HCM for S/4HANA (H4S4). Einen ersten Überblick über alle relevanten Informationen zu H4S4 liefert das DSAG-Q&A.

Die Nachfolgelösung für SAP Enterprise Resource Planning Human Capital Management (SAP HCM) heißt SAP HCM für S/4HANA – besser bekannt als H4S4. Doch was genau ist H4S4?

Mit H4S4 wird das Modul HCM im S/4HANA-Kern fortgeführt. Die neue Lösung basiert auf derselben Codeline und hat das Ziel, mit gewählten Erweiterungen und speziellen Lokalisierungen die HR-Kernprozesse zu unterstützen und auf diese Weise die Kontinuität sowie den Investitionsschutz zu wahren. Denn: Die Funktionen des gewohnten HCM-Systems werden mit H4S4 innerhalb der S/4HANA-Umgebung genutzt – und zwar On-Premises oder in der Private Cloud. Dabei ist die neue HR-Lösung bis mindestens 2040 verfügbar. Zu H4S4 gehören die verschiedensten Module:

Personalmanagement

  • Personaladministration
  • Organisationsmanagement
  • Arbeitgeberleistungen
  • Unternehmensvergütungsmanagement
  • Personalkostenplanung und -simulation
  • Pensionskasse (DE/CH)
  • Employee und Managed Self Services (ESS/MSS; WDA and Fiori)

Talentmanagement

  • SAP Learning Solution (ohne JAVA-Komponenten)
  • Zielvereinbarungen und -beurteilungen
  • Talent Management und Talententwicklung
  • SAP E-Recruiting

Zeitwirtschaft

  • Zeitwirtschaft
  • Einsatzplanung
  • CATS Arbeitszeiterfassung

Entgeltabrechnung

  • Abrechnung

Öffentlicher Dienst

  • Stellenwirtschaft
  • Einsatzplanung ÖD
  • Reisekostenmanagement (ist Teil von SAP S/4HANA)

Mit H4S4 können nicht alle Lösungen weiter genutzt werden.

Hier finden Sie weitere Informationen:

  • 3091160 – SAP HCM für SAP S/4HANA – Allgemeiner Ansatz und Strategie

Neue Funktionen und Innovationen finden Sie hier:

Strategisch positioniert SAP die Cloud-Lösung SAP SuccessFactors und hat die Wartung für H4S4 zunächst bis mindestens 2040 zugesagt. Inwiefern ist eine Migration auf H4S4 dennoch sinnvoll und wie können Anwenderunternehmen von Innovationen profitieren?

Beim Thema Innovationen hat SAP mit der Bilanzpressekonferenz am 21. Juli 2023 für große Unruhe unter den Anwender:innen gesorgt. Die DSAG hat hierzu eine Pressemitteilung veröffentlicht.

Stand heute ist bezogen auf den HR-Bereich klar: SAP setzt strategisch auf SuccessFactors. H4S4 ist insbesondere daher interessant, weil es zum einen den Fokus auf spezielle Branchenspezifika legt, die in der Cloud noch nicht verfügbar sind. Zum anderen ist H4S4 dort das Mittel der Wahl, wo hohe Individualisierungsbedarfe bestehen, um z. B. komplexe Regelungen wie Betriebsrats- oder Personalratsvereinbarungen abzudecken. In der Public Cloud bin ich hier zu stark an das Vorhandene gebunden und kann nicht tief genug in das System eingreifen.

H4S4 vs. SuccessFactors

Ein weiterer Unterschied zwischen H4S4 und SuccessFactors ist, dass bei der Cloud-Lösung der Fokus auf den Mitarbeitenden liegt. Hier werden modernste Oberflächen, mobile Lösungen geboten und hier wird als Innovation auch Künstliche Intelligenz mit SAP Joule zur Verfügung gestellt. Genauso werden generative KI-Szenarien, die in den Personalthemen unterstützen sollen zunächst hauptsächlich in SuccessFactors geboten.

Nichtsdestotrotz gilt: Innovationen ist ein schwer zu definierender Begriff. Denn: Natürlich dürfen Anwenderunternehmen auch in H4S4 Weiterentwicklungen erwarten – schließlich bezahlen Sie Wartungsgebühren. Die DSAG wird sich daher für diese Weiterentwicklungen stark einsetzen. Schon jetzt ist bekannt, dass es in H4S4 Weiterentwicklungen wie Fiori-Oberflächen gibt und, dass Self-Services entwickelt werden. Offen ist allerdings noch, inwiefern KI in Verbindung mit dem H4S4-Backend-System genutzt werden kann. Technologisch gibt es schon heute gute KI-Verbindungen mit einem S4HANA-System in anderen Modulen.

Hybride Zukunft erwartet

Seitens SAP ist klar, dass KI-Innovationen On-Premises nicht angeboten werden. Vielmehr sollen ausschließlich Kunden mit einem H4S4-Sytstem, das von SAP betrieben wird (Private-Cloud-Edition-Kunden) profitieren. Hier wird die DSAG die Entwicklungen in den kommenden Wochen weiter beobachten.

Nichtsdestotrotz ist aus DSAG-Sicht eindeutig: Sehr viele Kunden werden auf H4S4 umsteigen – allein schon, um ihre Abrechnung umsetzen zu können. Dementsprechend erwartet die DSAG viele hybride Szenarien für die Zukunft, was der SAP Business Technology Platform (BTP) wiederum eine große Rolle zuteilwerden lässt, um innovative und technologische Möglichkeiten zu nutzen und digitale Ende-zu-Ende-Prozesse zu entwickeln.

So lautet aus DSAG-Sicht die Frage: Welche Rolle spielt die BTP künftig als Innovationstreiber für H4S4 oder SuccessFactors?

SAP hat die BTP als die Plattform für Innovationen, Integration und Weiterentwicklung platziert. Alle Lösungen – auch das HR (H4S4 und SuccessFactors) – können mit den vielen Werkzeugen so erweitert werden, dass der Ansatz vom Clean Core oder der Public Cloud erhalten bleibt. Dennoch sollen viele individuelle Anpassungen möglich sein. Gerade im HR können so viele Services mit Hilfe von z. B. SAP Build mit Low-Code/No-Code erstellt und Mitarbeitenden zur Verfügung gestellt werden.

Besondere Potenziale für das HR ergeben sich in diesen Bereichen:

  • Integration von Personaldaten (aus verschiedenen Quellen)
  • Visualisierung und Analyse von Personaldaten
  • HR-Prozesse vereinheitlichen und automatisieren
  • Self-Services/Apps schnell und einfach bereitstellen
  • Nutzer:innen-Erlebnisse durch einheitliche Oberflächen und zentralen Einstieg verbessern

Praktische Beispiele und Erfahrungsberichte bieten die DSAG-Personaltagen am 4. und 5. Juni 2024.

Die Folge der Entwicklungen ist, dass die Landschaften in den Unternehmen hybrid werden müssen. Welche HCM-Module empfiehlt die DSAG aus der Cloud zu beziehen?

Eines der ersten SuccessFactors-Module, mit dem viele Kunden starten, ist Recruiting. Die Erfolgschancen, sich mit einer innovativen Cloud-Lösung am Arbeitnehmermarkt zu positionieren sind enorm groß – insbesondere vor dem Hintergrund, wie viele Social-Media-Kanäle man über Cloud-Lösungen anbinden kann. Hier ermöglicht die Cloud schnell einen hohen Verbreitungsgrad für Stellenanzeigen. Somit ist das eins der ersten Szenarien, über die man beim Schritt in die Cloud nachdenken sollte. Allerdings sollte man hierbei im Kopf haben, dass das eng mit dem Recruiting zusammenhängende Onboarding-Modul sehr stark in Employee Central von SuccessFactors integriert ist. Hier herrschen komplexe Abhängigkeiten innerhalb von SuccessFactors.

Oft beginnen Unternehmen Cloud-Lösungen für ihre Szenarien einzuführen und merken erst im Laufe des Projektes, dass Komponenten in den angedachten Lösungen fehlen, die noch separat lizenziert werden müssen. Dementsprechend schwierig ist es, ein Cloud-Projekt im Vorhinein vollends zu planen, was die Bedarfe an Technologien und Bausteinen betrifft. Hier sind Hersteller wie SAP gefragt, die Lösungen transparenter zu machen, denn letztendlich ist es auch eine Budget-Frage.

Stichwort: Migration von HCM zu H4S4. Welche allgemeinen Empfehlungen hat die DSAG?

Beim Aufbau einer Systemarchitektur ist im ersten Schritt wichtig zu prüfen, was in der vorhandenen integrierten Unternehmens-IT konkret eingesetzt wird, was nach wie vor in H4S4 betrieben werden soll und welcher Anpassungen es für den Cloud-Einsatz und anderer Themen bedarf.

Auf dem Weg nach H4S4 müssen auch technische Voraussetzungen erfüllt werden. Ein konkretes Beispiel hierfür ist der Business Partner. Das Business-Partner-Modell ist eine zwingend technisch notwendig, um den Schritt auf S/4HANA überhaupt gehen zu können. Oder angenommen, ein klassisches Finanzwesen-System wird auf S/4HANA betrieben und das HCM-System läuft auf einer separaten Instanz. Dann habe ich weniger Abhängigkeiten zu beachten, wie bei einer integrierten Lösung. In letzterem Fall ist z. B. die Einführung des neuen Hauptbuchs zwingend notwendig. Dabei ist es sinnvoll, ein SAP-Werkzeug wie den Readiness-Check einzusetzen. Das Tool hilft dabei herauszufinden, an welcher Stelle das System gegebenenfalls erneuert werden muss, oder wo Nachbesserungsbedarf besteht.

Ein weiterer Punkt sind kundenspezifische Quelltexte und Eigenentwicklungen. Für dem Umgang damit ist ein SAP-Hinweis mit Empfehlungen hilfreich, wie sich die Quelltexte hinsichtlich ihres Inhalts und notwendiger Anpassungen prüfen lassen. Bei einer Migration auf H4S4 ist in Bezug auf Modifikationen und Erweiterungen zudem empfehlenswert, das implementierte ABAP-Testcockpit zu nutzen.

Außerdem ist bezüglich eines Wechsels auf die HANA-Datenbank die Frage zu klären, ob dieser Wechsel vorher oder nachher sinnvoll ist. Wird vorher gewechselt, fällt z. B. die Datenbank-Migration im eigentlichen H4S4-Projekt weg. Das kann ein wichtiger Faktor sein, da sich die Administrator:innen mit den technologischen Eigenschaften der Datenbank vertraut machen und im Zweifelsfall Änderungen im Datenmodell frühzeitig erkennen können. Aber letztendlich sind jedes Projekt und die entsprechenden Maßnahmen individuell zu bewerten.

Vor welcher Situation stehen die Anwenderunternehmen hinsichtlich des Lizenzmodells?

Das Thema Lizenzen ist naturgemäß komplex. Auf ein H4S4-Projekt heruntergebrochen ist eine HANA-Lizenz notwendig, die in verschiedenen Modellen verfügbar ist. Positiv bei den H4S4-Lizenzen ist die Tatsache, dass das Lizenzmodell von vielen Einzellizenzen auf nur noch drei Core-Lizenzen vereinfacht wurde. Das ist zum einen das SAP Core Human Capital Management for S/4HANA als der Core-User für die klassische Personalarbeit und -verwaltung. Dann das Time-Tracking for S/4HANA als Zeitwirtschaftslizenz und schließlich die Payroll-Processing-Lizenz. Mit den drei Kernlizenzen lassen sich die Frontend- und Backend-Themen abdecken. Wird z. B. nur die Payroll genutzt mit einem Feature, das bislang nicht lizenziert werden musste, kann sich natürlich auch bei insgesamt weniger Lizenzen der Preis am Ende erhöhen. Das muss dann individuell betrachtet und entschieden werden. Werden S4 und H4 in einer Instanz betrieben, besteht zudem die Herausforderung, die S4- von den HR-Lizenzen getrennt zu betrachten.

Neben den drei Core-Lizenzen im H4 sind noch die separaten Lizenzen für das On-Premises-E-Recruiting sowie die Learning-Solution erwähnenswert. Die HR-Welt wird also insgesamt über fünf Lizenzen abgebildet. Das Thema generell ist immer heiß diskutiert, da sich in Bezug auf Anrechnung, Nutzung und Investitionsschutz immer Anknüpfungspunkte finden.

Welche Möglichkeiten haben Anwender:innen sich in Sachen H4S4 weiter aufzuschlauen?

Im DSAG-Mitgliederportal unter dsag.de ist der Arbeitskreis Personalwesen mit rund 3.500 Mitgliedspersonen das größte Gremium. Dort und in zahlreichen angegliederten Arbeitsgruppen werden auch Themen rund um die Migration nach H4S4 mit Hinweisen, Tipps und Vorträgen behandelt und diskutiert. Eine weitere Möglichkeit, sich in Sachen H4S4 zu informieren bieten die DSAG-Personaltage. Nach ihrer Premiere in Berlin wird die Veranstaltung vom 4. bis 5. Juni 2024 in Osnabrück zum zweiten Mal durchgeführt. Unter dem Motto „New Horizon: Rethink HR“ stehen Themen wie hybride Architekturen, Innovationen und die Migration auf H4S4 in Vorträgen und Kundenerfahrungsberichten auf der Agenda. Aber auch SuccessFactors, und die Unterscheidungen zu H4S4, um die individuell passende Lösung wählen zu können. Zudem wird künstliche Intelligenz einen prominenten Platz einnehmen, wenn über praktische Lösungsansätze im Personalwesen, strategische und nachhaltige HR-Konzepte und Integrationsszenarien in hybride Architekturen diskutiert und informiert wird. Das sind zwei Tage intensiver auf die Zukunft ausgerichteter Austausch über das Personalwesen im Allgemeinen sowie über die Anwendungen im SAP-Ökosystem im Besonderen.