DSAG-Positionspapier: Abbildung länderspezifischer gesetzlicher Anforderungen in SAP-Stammdaten

Stand März 2024

Zusammenfassung und Ziel des Dokuments

Für global agierende Unternehmen ist eine regelmäßige Anpassung der SAP-Anwendungen an die aktuell geltenden gesetzlichen Anforderungen erforderlich. Um rechtssicher gemäß den lokalen Bestimmungen zu agieren, müssen die länderspezifischen Systemeinstellungen aktuell gehalten werden.

Für die Anwenderunternehmen innerhalb der DSAG ist es schwierig, alle Änderungen lokaler Bestimmungen fortlaufend im Blick zu behalten und in den SAP-Anwendungen umzusetzen. Um die Aufwände im SAP-Betrieb möglichst gering zu halten, wird von SAP eine zeitgerechte Unterstützung für Anpassungen an geänderte lokale Bestimmungen erwartet.

Im Rahmen des DSAG-Arbeitskreises Master Data Management wurde dies insbesondere im Kontext der SAP-Stammdaten bearbeitet. Im Einzelnen wurden hierbei die folgenden Aspekte betrachtet: 

  • Abbildung länderspezifischer Attribute 
  • Länderspezifische Druckaufbereitung 
  • Steuernummern 
  • Ländereinstellungen (Ländercodes, Regionen, PLZ, …)

Mit dem vorliegenden Dokument sollen bestehende Schwachpunkte an SAP adressiert werden, wo in der Vergangenheit Anpassungen immer oder nicht zeitgerecht bereitgestellt wurden. Ziel ist es, laufende Aufwände in den Anwenderunternehmen durch eine verbesserte Unterstützung von SAP zu reduzieren. 

Für SAP besteht umgekehrt die Chance, hiermit einen „Unique Selling Point“ stärker herauszuarbeiten und sich damit von anderen Softwareanbietern abzugrenzen.

Im Dokument werden auch explizit Positivbeispiele aus der Vergangenheit dargestellt, bei denen die Anwenderunternehmen durch SAP sehr gut unterstützt wurden.

Abbildung länderspezifischer Attribute

Kurzbeschreibung des fachlichen Hintergrunds

Der Aufbau von Adressen ist in vielen Ländern unterschiedlich. Es ist schwierig, wenn Kunden- und Lieferanten in Ländern angelegt werden, wenn die mit der Anlage beauftrage Kolleg:innen keine Erfahrung mit dem Adressaufbau haben.

Was sind die Problemstellungen in der Praxis? 

In einigen Ländern 

  • werden die Hausnummern vor die Straße geschrieben (z.B. Großbritannien, USA)
  • ist die Region Bestandteil der Adresse (z.B. Italien, USA)
  • reichen das klassische Straßen- und Hausnummernfeld nicht aus und zusätzliche Straßenfelder müssen verwendet werden (z.B. Indien, China)
  • wird die Postleitzahl nach dem Ort geschrieben (z.B. USA, Indien)
  • gibt es Adressbestandteile, welche eindeutig in die klassischen SAP-Adressfelder einsortiert werden können (z.B. Cedex in Frankreich, Hinweis auf Gewerbegebiet in Spanien)

Wie ging SAP in der Vergangenheit mit den Fällen um?

In Master Data Governance (MDG) wird bei Anlage eines Geschäftspartners sowie bei der Anlage in USA und Japan ein lokaler Adressaufbau angezeigt, der vom Standard abweicht.

Forderung an SAP

Für jedes Land einen Adressaufbau hinterlegen, der dann automatisch für das jeweilige Land angezeigt wird. Evtl. Straßenfelder 2 – 5 sogar dynamisch umbenennen für Cedex etc.

Länderspezifische Druckaufbereitung

Kurzbeschreibung des fachlichen Hintergrunds

  • Es gibt rund 200 Länder weltweit mit zum Teil unterschiedlichen legalen Regelungen bzgl. der Adressstruktur, d.h. welche Adressattribute in welcher Reihenfolge auf offiziellen Dokumenten gedruckt werden müssen. SAP bildet mit den vorhandenen rund 30 Druckprofilen nicht alle diese Regelungen ab.
  • Zudem bietet SAP Attribute wie z. B. Legal Form, Building oder Floor im Standard an. Keines dieser Attribute kann über ein vorhandenes Standardprofil gedruckt werden.
  • Darüber hinaus werden aktuelle neue Anforderungen von Ländern wie z. B. Serbien mit dem Postal Address Code (PAK), weder als Attribut abgebildet noch spiegelt es sich in einem Druckprofil wider.

Was sind die Problemstellungen in der Praxis?

  • Legale Anforderungen vieler Länder können, wenn überhaupt, nur durch Zweckentfremdungeinzelner Attribute erfüllt werden, z. B. der Eintrag von „Building“ in eines der Felder Street 2 bis Street 5 oder „District“ in Region oder Legal Form in Name 1 bzw. Name 2.
  • Hohe Kosten für jede einzelne Firma, wenn die jeweils notwendigen Profile selbst angelegt werden.

Wie ging SAP in der Vergangenheit mit den Fällen um?

  • Das Thema wurde regelmäßig mit diversen SAP-Kolleg:innen sowie in Gremien (Steuerkreis) diskutiert
  • Die Aussage von SAP zur möglichen Implementierung von neuen Profilen ist sowohl bzgl. der Roadmap als auch der Kosten nicht tragbar
  • Positiv ist die Unterstützung eines SAP-Beraters bei der Analyse der Länder

Forderungen an SAP

  • Zeitnahe Abbildung aller notwendigen Druckprofile (mind. 20 bis 25) im Standard 
  • Alle Attribute, die in der Standard-UI vorhanden sind, müssen gedruckt werden können 
  • Neue gesetzliche Anforderungen von Ländern müssen zeitnah in der UI sowie in den Druckprofilen abgebildet werden

Steuernummern

Kurzbeschreibung des fachlichen Hintergrunds 

Steuer- und Registernummern dienen der eindeutigen Identifikation der natürlichen oder juristischen Person. Im Umfeld der globalen Stammdatenverwaltung werden Steuernummern eingesetzt für:

  • Rechtliche Anforderung: Verwendung der Steuernummer im jeweiligen Land auf Dokumenten. In einigen Ländern (z. B. Italien) ist es notwendig, die Steuernummer des Geschäftspartners auf Druckdokumenten zu führen. 
  • Rechtliche Anforderung: Umsatzsteueridentifikationsnummer in der Europäischen Union. Bei innergemeinschaftlichem Erwerb in der EU gemäß EU Council Directive 2006/112/EC ist es notwendig, die Umsatzsteueridentifikationsnummer des Geschäftspartners auf Belegen (z. B. Rechnungen, Lieferscheinen) zu führen. 
  • Best Practice: Steuer- und Registernummern zu verwenden, um Duplikate zu vermeiden. Nur über „Name“ und „Adresse“ ist es schwer möglich, ähnlich klingende Unternehmen unter der gleichen Adresse zu unterscheiden, wie zum Beispiel Knauf GmbH, Gebr. Knauf KG und Knauf Gips KG. Drei unterschiedliche Unternehmen mit unterschiedlichen Steuer-, bzw. Registernummern. Nur anhand des Namens ist es schwierig festzustellen, ob es sich um unterschiedliche Unternehmen oder eine potenzielle Dublette handelt. 
  • Best Practice zur eindeutigen Identifikation von Standorten anhand der Steuernummern. In einigen Ländern ist dies möglich: 
    • Frankreich: SIRET 
    • Belgien: Nummer der Niederlassungseinheit 
    • Vietnam: Steuernummer 

Was sind die Problemstellungen in der Praxis?  

Mit der Einführung des Geschäftspartnerstamms erfolgte eine Umstellung der Steuernummern 1-5 sowie der Umsatzsteueridentifikationsnummer auf Steuernummerntypen. Dies war grundsätzlich eine Verbesserung, da jetzt je Land und Steuernummer klar angezeigt werden könnte, welcher Steuernummerntyp für welche Steuernummer verwendet werden kann.

Grob ist das Mapping zwischen dem Steuernummerntyp und der klassischen Steuernummer 1-5 anhand der letzten Ziffer gegeben. Steht hier eine 1, ist es die Steuernummer 1, eine 2 zur Steuernummer 2 usw. Ist die letzte Ziffer eine 0, ist es auf die Umsatzsteueridentifikationsnummer gemappt.

Die Umsatzsteueridentifikationsnummer soll nur für den innergemeinschaftlichen Erwerb gemäß EU Council Directive 2006/112/EC verwendet werden. Jedoch gibt es auch Steuernummerntypen im Standard wie MC0, SA0 und QQ0. Alles keine Mitglieder der Europäischen Union. Wird ein solcher Steuernummerntyp gewählt, läuft anschließend die Anlage des Kunden/Lieferanten in der CVI auf Fehler, da es sich nicht um ein Mitgliedsland der EU handelt. 

Auch fehlen Steuernummerntypen für neuere eingeführte Steuernummern, wie die Nummer der Niederlassungseinheit in Belgien, die PAN-Nummer in Indien oder die neue Registernummer in Malaysia. 

Teilweise sind die Bezeichnungen der Steuernummerntypen nicht deckungsgleich mit den F4-Hilfen hinter Steuernummer 1-5 im Debitoren- und Kreditorenstamm. Zum Beispiel steht hinter Steuernummer 1 u.a. die britische Firmennummer. Der richtige Steuernummerntyp ist jedoch gemäß Beschriftung GB3. 

Zudem gibt es Fälle, in denen ein klassisches Steuernummernfeld 1-5 für spezielle Prozesse zweckentfremdet wird, z.B. wird das Steuernummernfeld 4 in den Ländern BE, ES, FI, HU und PL für den Evaluated Receipt Settlement (ERS) Prozess verwendet.

Wie ging SAP in der Vergangenheit mit den Fällen um? 

Für neu eingeführte Steuernummern (z. B. Niederlassungseinheit in Belgien, die PAN-Nummer in Indien oder die neue Registernummer in Malaysia) wurden keine neuen Steuernummerntypen per S-Note etc. geliefert. 

Für einige Länder sind gar keine Steuernummerntypen vorgesehen, wie z. B. für Tunesien und Jordanien.

Positive Ausnahme war der neue Steuernummerntyp GB6 für die Nordirische Umsatzsteueridentifikationsnummer im Rahmen des Nordirlandprotokolls. Hier gab es etliche S-Notes, die auch aufgeführt haben, welche Regionen zu Nordirland gehören. Leider wurde es im Rahmen dessen dann versäumt, die GB0 zu löschen.

Forderungen an SAP

  1. Wenn ein Land neue Steuer- oder Registernummern einführt, sollten diese zeitnah per S-Note sowie in der SAP Legal Change Notification App veröffentlicht werden. Optimalerweise gleich mit Prüfregeln, die in der T005 hinterlegt werden oder gar in einem passenden Funktionsbaustein. 
  2. Abfrage in den lokalen SAP-Organisationen je Land, welche Steuer- und Registernummern es im jeweiligen Land gibt, und Anlage der Steuernummerntypen hierfür im Geschäftspartnerstamm. Optimalerweise gleich mit Prüfregeln, die in der T005 hinterlegt werden und/oder gar in einem passenden Funktionsbaustein. 
    Beispiel: Belgien mit der Nummer der Niederlassungseinheit. 
  3. Definition mindestens eines möglichen Steuernummerntypen je Land, optimalerweise für alle vorhandenen Steuernummern eines Landes. 
  4. Abgleich der F4-Hilfe hinter Steuernummern 1-5 im Kunden- und Lieferantenstamm mit den Steuernummerntypen. 
  5. Keine zweckentfremdete Nutzung von Steuernummerfeldern wie im Falle des ERS-Prozesses.

Ländereinstellungen (Ländercodes, Regionen, PLZ, …)

Kurzbeschreibung des fachlichen Hintergrunds

  • Bei Business-Partner-Adressen gibt es in den SAP-Systemen ein länderspezifisches Customizing, z. B.  
    • zu den erlaubten Ländercodes (gemäß ISO 3166-1),  
    • zu den erlaubten Regionen in den Ländern, 
    • zur korrekten syntaktischen Form von Postleitzahlen sowie  
    • zu den länderspezifisch zwingend erforderlichen Adress-Angaben (z. B. Region ist in USA eine Pflichtangabe, in Brasilien muss die Region gefüllt sein). 

Was sind die Problemstellungen in der Praxis?  

  • Änderungen an Länder- und Regionen-Codes, Postleitzahlsystemen sowie Adressstrukturen müssen in den SAP-Systemen zeitnah nachgezogen werden, um eine korrekte Adressierung z. B. bei der Rechnungslegung bzw. bei Lieferungen sicherstellen zu können. 

Wie ging SAP in der Vergangenheit mit den Fällen um? 

  • Bei der Umbenennung der Türkei in Türkiye hat SAP sehr zeitnah eine SAP-Note veröffentlicht.
  • Die Umbenennung war auch in der SAP Legal Change Notification App aufgeführt. 
  • Nicht gut von SAP gehandhabt: Rumänien und Indien haben neue Regionen erhalten: 
    • Indien: Die neue Region Ladakh wurde aus einer anderen Region herausgetrennt 

Forderungen an SAP 

  • Änderungen, die von der ISO im Standard ISO 3166-1 vorgenommen werden, müssen zeitnah in einer SAP-Note veröffentlicht werden 
  • Regionen-Codes in SAP 
    • Die von SAP genutzten Regionen-Codes müssen auf den ISO-Standard 3166-2 umgestellt werden. Das betrifft die Codes selber („DE-BW“ statt „DE-08“), aber auch die Struktur der von SAP genutzten Regionen in den Ländern Slowakei (SK) und Serbien (RS), die sich nicht auf die Regionen aus dem ISO-Standard abbilden lassen. 
    • Änderungen, die von der ISO im Standard ISO 3166-2 vorgenommen werden, müssen zeitnah in einer SAP-Note veröffentlicht werden. 
  • Änderungen an der Adressstruktur (z. B. Muss-Angaben oder PLZ-Systeme) eines Landes müssen ebenfalls zu einer Anpassung des länderspezifischen Adress-Customizings führen, die als SAP-Note zu veröffentlichen ist.