Qualität bleibt das beste Rezept

Bei erfolgreichen Projekten ist es so wie bei einem guten Teig: Es kommt nicht nur auf die Qualität der Zutaten, sondern auch auf die Zubereitung an. Deshalb hat die Dr. August Oetker Nahrungsmittel KG vor der Einführung von SAP Extended Warehouse Management (SAP EWM) zunächst die Prozesse der Lagerlogistik ganz genau unter die Lupe genommen. Nur so war es möglich, die eng verzahnte Lagerverwaltung und Produktion erfolgreich zu modernisieren und gleichzeitig Prozesse zu standardisieren sowie zu harmonisieren.

Andreas Klinkenberg, SAP-EWM- Programm-Manager bei Dr. Oetker

Der Anspruch, den Dr. Oetker an sich selbst und an die Produkte stellt, spiegelt sich im Firmen-­Slogan wieder: „Qualität ist das beste Rezept“. Qualität musste auch die IT-­Abteilung liefern, als sie die Lagerlogistik des Konzerns auf EWM umgestellt hat. „Da wir keine klassische Lagerlogistik, sondern eine enge Verzahnung zwischen Lagerverwaltung und Produktion haben, mussten wir bei der Einführung viele Aspekte berücksichtigen“, erinnert sich Andreas Klinkenberg, SAP-­EWM-Programm-Manager bei Dr. Oetker. Heterogene, standortspezifisch ausgeprägte SAP-ERP- und Non-SAP-Funktionalitäten, variable Auftragssteuerung und Fertigungsdisposition, mehrstufige Produktionsprozesse mit Zwischenprodukten und verschmolzene Produktions- und Lagerverwaltungsprozesse waren nur einige Besonderheiten, mit denen die IT im Projekt umgehen musste.

Mit Augenmaß vorgegangen

„Da EWM bei uns auch teils in der Produktion eingesetzt werden soll, mussten wir zudem berücksichtigen, dass es Anforderungen hinsichtlich Transparenz, Hygiene und Handling einzuhalten gilt“, so der IT-Experte. Das und die Kombination aus manuellen Lagerstandorten und Automatiklägern machten das EWM­-Projekt zu einer großen Herausforderung. Gleichzeitig musste zunächst globales Wissen zu den Standorten gesammelt und die Rolle des Business-Architekten im Unternehmen geschaffen werden. „Bei einem Projekt wie der EWM-Einführung braucht es den Blick aus beiden Richtungen: IT und Business. Diese beiden Blickrichtungen führt bei uns der Business-Architekt zusammen. Ohne diese Rolle wäre es viel schwieriger gewesen, das Projekt zum Laufen zu bringen“, erklärt Andreas Klinkenberg.

Darüber hinaus stand für das Unternehmen von vornherein fest, dass es nicht nur um eine technische Einführung gehen sollte, sondern auch über die Jahre gewachsene Prozesse standardisiert und harmonisiert werden sollten. Alles unter dem Credo: „Bevor wir EWM anpassen, passen wir lieber die bestehenden ERP-Prozesse an.“ Gleichermaßen sollten Systembrüche, Schnittstellen und Wartungskosten reduziert, nahtlos in die Fertigung integriert sowie die Datenqualität verbessert werden. „Wir wollten mittelfristig unser Warehouse-Management ablösen und mit EWM den Weg für zukünftige Innovationen frei machen“, sagt Andreas Klinkenberg.

Unter dem Dach der Dr. August Oetker Nahrungsmittel KG ist die Lebensmittelsparte der Dr. August Oetker KG gefasst. Sitz des Unternehmens ist die ostwestfälische Großstadt Bielefeld in Nordrhein-Westfalen.

Eine Prise hiervon und davon

Bis dato hatte das Unternehmen zwar ein zentrales ERP im Einsatz, doch auch diverse dezentrale Lagersysteme. Sowohl SAP Logistics Execution System (SAP LES; siehe Glossar) als auch Drittanbietersysteme, die für den Materialfluss eingesetzt wurden. „Wir hatten uns von Anfang an vorgenommen, den Roll-out zu industrialisieren. Also haben wir ein Template entwickelt, das alle weltweiten Prozesse abdeckt und das in kurzer Zeit ausgerollt werden kann“, erläutert der IT-­Experte. Keine leichte Aufgabe bei weltweit rund 40 Lägern. Zudem mussten zahlreiche Rahmenbedingungen berücksichtigt werden, wie die Größe des Lagers sowie unterschiedliche Markt- und Gesetzesanforderungen. Schnell war klar, dass es ein solches Template nicht von der Stange gibt. Vielmehr musste Dr. Oetker einen Baukasten aus vorgefertigten Bausteinen erarbeiten, die sich je nach Anforderung kombinieren lassen. „Wichtig war, die Komplexität zu reduzieren. Natürlich sind viele unterschiedliche Business­-An­forde­run­gen bei 35 Standorten vorprogrammiert. Also haben wir zunächst den Querschnitt der kompletten Landschaft angeschaut“, erläutert Andreas Klinkenberg das Vorgehen.

Die Mischung macht’s

Es wurden sehr kleine, große, komplexe, manuell arbeitende und voll automatisierte Standorte in die ersten Workshops aufgenommen. „Aber auch die zwei Hauptproduktgruppen, also Tiefkühlprodukte und Trockenprodukte, wurden bei den Workshops berücksichtigt. Durch ihre stark unterschiedlichen Herstellungsverfahren durften sie bei der Aufnahme des Ist-Zustands nicht fehlen“, sagt der IT-Experte. Auf Basis des Feedbacks der Workshop-Interviews wurde schließlich ein klickbarer Prototyp entwickelt – ohne Eigenentwicklungen oder Programmierungen. „An einem Reißbrett lässt sich einfach nicht gestalten. Der Prototyp war essenziell, damit wir uns überhaupt vorstellen konnten, wo die Reise hingeht“, fasst Andreas Klinkenberg zusammen. Mithilfe des Prototyps holte die IT schließlich bei den Standorten erstes Feedback ein, auf dessen Basis das Template 1.0 entwickelt und im ersten Schritt zunächst einmal in Ungarn erfolgreich ausgerollt wurde.

Dort wird das EWM weit über die klassische Lagerverwaltung hinaus auch als integriertes Produktionsversorgungssystem zur Arbeitsvorbereitung, Nachschubbelieferung und zur Verarbeitung an den Produktionslinien eingesetzt. „Mit EWM können wir Chargen durchgängig zurückverfolgen von der Rohware und Verpackung über die Zwischenerzeugnisse bis hin zum Endprodukt und zur Kundschaft. Gleichzeitig konnten wir zwei getrennte Systeme für Materialfluss innerhalb der Produktion und innerhalb des Lagers durch EWM ablösen“, berichtet Andreas Klinkenberg.

Intelligente Füllung

Trotz zahlreicher Herausforderungen im Projektverlauf ist der IT-Experte überzeugt, dass es richtig war, Warehouse-Management (WM) durch EWM zu ersetzen – auch, wenn bestehende WM-Prozesse nicht immer eins zu eins abgebildet werden konnten. „EWM funktioniert viel zentralistischer. Früher gab es z. B. werkseigene Chargen, die jeder Standort individuell designen konnte. Heute ist das technisch nicht mehr möglich“, erklärt Andreas Klinkenberg. Das sei jedoch kein Nachteil. Im Gegenteil: EWM verlange von den Mitarbeitenden einfach nur ein Umdenken. „Es steckt jetzt mehr Intelligenz im System. Früher musste der Mitarbeitende dem Warehouse-Management sagen, wie es arbeiten soll, damit z. B. eine Palette von A nach B gefahren wird. Heute macht EWM hierzu Vorschläge“, so der IT-Experte. Insgesamt war die Entscheidung für EWM damit auch eine, die Läger von Dr. Oetker weiter zu automatisieren. Und vielleicht irgendwann einmal voll zu automatisieren. Ein Rezept, mit dem das Unternehmen in der digitalen Zukunft allen Qualitätsansprüchen gerecht werden möchte.

Bildnachweis: Dr. Oetker, iStock + Daniella Winkler

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