Die Rechnung geht auf

Eine simple Eingangsrechnung zog bei der Dieffenbacher GmbH Maschinen- und Anlagenbau mitunter tagelange händisch zu erledigende Folgeprozesse nach sich: aufwendig für die Mitarbeitenden, ärgerlich für Lieferanten. Das Ziel komplett digitalisierter Finanzprozesse inklusive E-Invoicing vor Augen, startete das Unternehmen 2019 mit der automatisierten Rechnungsverarbeitung in SAP. Mit Erfolg, denn mittlerweile hat sich die Bearbeitungsdauer zum Teil um mehrere Tage pro Rechnung verkürzt.

Dieffenbacher aus dem baden-württembergischen Eppingen ist einer der führenden Hersteller von Pressensystemen und Produktionsanlagen für die Holzwerkstoff-, Composites- und Recycling-Industrie. Das Besondere dabei: Der Maschinen- und Anlagenbauer wurde bereits 1873 gegründet und ist mittlerweile in der fünften Generation als unabhängiges Familienunternehmen am Markt. Mit vielversprechenden Perspektiven und einem soliden, stabilen Wachstum.

Dieffenbacher, gegründet 1783, ist heute einer der weltweit führenden Hersteller von Pressensystemen und kompletten Produktionsanlagen für die Holzwerkstoff-, Composites- und Recycling-Industrie. Mit ca. 1.700 Mitarbeitenden an 16 Produktions-, Service- und Vertriebsstandorten weltweit wurde 2020 ein Umsatz von 325 Mio. Euro erzielt.

Wo Ikea drauf steht, kann Dieffenbacher drin sein

Warum, das weiß Tobias Morath, Head of Accounts Payable beim baden-württembergischen Mittelständler: „Wir bedienen Märkte, die nah am Leben dran sind und die der Mensch braucht, sprich, der Bedarf ist durchgängig vorhanden.“ Oder anders formuliert: Besitzt jemand ein Möbelstück von Ikea oder einem anderen Möbelhersteller, so ist es nicht unwahrscheinlich, dass Teile davon in Form von Span- oder MDF-Platten auf einer Dieffenbacher-Anlage produziert wurden.

Zusätzlich fertigt Dieffenbacher modernste Umformtechnik für die Herstellung verschiedener Composite-Teile, z. B. Produktionsanlagen für Fahrradrahmen und Pkw-Heckklappen oder auch Anlagen zur Herstellung von Flugzeugteilen. „Die IT spielt in diesem Gesamtkonstrukt inzwischen eine tragende Rolle. Nur so erreichen wir intern und extern einen Automatisierungsgrad, der Entwicklung und Fertigung, Verkauf und After-Sales unserer Produkte sowie den technologischen Fortschritt erst ermöglicht“, erklärt Tobias Morath.

Seit Beginn der Corona-Pandemie haben er und sein siebenköpfiges Team zudem mit neuen Herausforderungen zu kämpfen, die sich auf das Geschäft auswirken. Veränderte Zyklen etwa, da viele Kunden-Investments aus 2020 verschoben wurden. „Im Moment geht es aber wieder heiß her, die Aufträge haben 2021 angezogen, wir spüren die Versatzeffekte nun immens“, freut sich der Teamleiter.

  • Der Geschäftsbereich Holzwerkstoffe plant und realisiert komplette Produktionsanlagen zur Herstellung von Holzwerkstoffplatten wie Span-, MDF-, OSB- und LVL-Platten.
  • Composites entwickelt Verfahren, Pressen und voll­automatisierte Produktionslinien zur Herstellung faserverstärkter Kunststoffbauteile für den Leichtbau in der Automobil- und Luftfahrtindustrie.
  • Mit den Recyclinganlagen lassen sich Altholz, Lebensmittel- und Industrieabfälle aufbereiten. So werden wertvolle Rohstoffe gewonnen und später wiederverwertet.

Vom Papier in den PC

Viele Aufträge bedeuten dann wiederum mehr Geschäft für die Buchhaltung, denn wenn sich die Aufträge stapeln, stapeln sich auch die Rechnungen, die geprüft und gebucht werden müssen. Glücklicherweise entschied sich Dieffenbacher bereits Ende 2018, das Thema E-Invoicing und die damit einhergehende Digitalisierung in der Buchhaltung anzugehen, und zwar mit folgenden Zielen: Erstens, die Prozesseffizienz und Gesamtübersicht zu verbessern, zweitens die Zusammenarbeit mit internen und externen Partnern effizient zu gestalten und drittens zeitlich besser zu werden, und so auch schneller, flexibler und agiler sein zu können.

„Wir waren bis dahin rein papierbasiert unterwegs, sprich, es gab viel zu viele manuelle Einzelschritte und teils lange Durchlaufzeiten, wenn Ansprechpartner krank oder im Urlaub waren und damit Unterschriften nicht schnell zustande kamen“, erinnert sich Tobias Morath. Dank eines neuen SAP-Add-ons im SAP-Modul Financials (FI) freut sich die Rechnungsbearbeitung 2021 nun aber über eine satte Zeitersparnis in ihrem Bereich von mindestens 30 Prozent gegenüber früher. Dafür sorgen gleich mehrere Neuerungen: Zum einen werden die Prüfprozesse in elektronischen Workflows abgebildet, wobei Teilautomatisierungen wie automatische Workflow-Starts und -Empfängerfindung den manuellen Aufwand reduzieren. Dedizierte Vertretungsregeln sorgen dafür, dass Rechnungen nicht mehr liegen bleiben, und automatisch erstellte E-Mails weisen darauf hin, neue Workflow-Aufgaben zu erledigen.

Electronic Invoicing und Real Time Reporting (RTR) werden in immer mehr Ländern zur Realität. Von Lateinamerika über vereinzelte europäische Länder bis hin zum gesamt­europäischen und mittlerweile darüber hinaus gewachsenen Ansatz des Peppol-Netzwerkes: Die Anforderungen zur Rechnungsstellung bzw. Meldung an Behörden in digitalen Formaten in Echtzeit ist eine Herausforderung, die immer mehr SAP-Anwender betrifft. Die DSAG möchte dieser Entwicklung mit einer neuen Arbeitsgruppe mit rund 400 Mitgliedspersonen im AK Globalization Rechnung tragen.

Ziele sind u. a. die aktive Weiterentwicklung der SAP-Lösung SAP Document Compliance sowie weiterer Tools aus diesem Themenbereich und die Verbreitung von Wissen und Informationen über die Lösung und die Prozesse im Bereich E-Invoicing und Real Time Reporting. Aber auch das Sammeln von Feedback zu neuen Ideen zum Produkt und Mitwirkung im Testprozess neuer Szenarien genauso wie regelmäßige Updates zur neusten Gesetzgebung weltweit für DSAG-Mitglieder.

Komplexität erschwert Umsetzung

Vor Projektstart machten sich Tobias Morath und sein Team zunächst viele Gedanken, wie die operative Umsetzung am besten zu schaffen sei. „Uns war klar, dass wir mit unseren komplexen Prozessschritten bei der Rechnungsbearbeitung den Effekt nicht sofort und so durchschlagend spüren würden wie etwa ein Serienfertiger. Wir haben beispielsweise neben dem Standard weitere individuelle Workflow-Arten, mit welchen wir unsere Freigabeprozesse abbilden können“, erklärt er. Daher nutzten sie die dreimonatige Testphase intensiv, um Praxisfälle ins Testsystem einzustellen und auf Herz und Nieren zu prüfen – „eine Herausforderung neben dem Tagesgeschäft“, wie Tobias Morath rückblickend zugibt.

Kein Stein auf dem anderen

Die Fachbereiche früh in einen solchen Change-Prozess einzubinden, ist für den Teamleiter selbstverständlich. Bei Dieffenbacher wurden die entsprechenden Kolleginnen und Kollegen in die ersten Workshops eingeladen, um von Beginn an klarzustellen: Jeder einzelne Nutzer und jede Nutzerin hat persönliche Vorteile von der neuen Lösung, auch wenn sich die grundlegende Arbeitsweise komplett geändert hat und kein Stein auf dem anderen geblieben ist. „Wir haben nun eine einheitliche Bearbeitungsmaske sowohl in der Buchhaltung als auch in den übrigen Bereichen und arbeiten nicht mehr mit Systembrüchen“, erklärt Tobias Morath. Im Einkauf betrifft dies ca. 20 Mitarbeitende, insgesamt sind aber etwa 100 Nutzerinnen und Nutzer bei Dieffenbacher in Freigabeprozesse involviert.

  • Verantwortlichkeiten lassen sich systemgestützt abgrenzen
  • Arbeitsschritte wurden automatisiert:
    • Datenerfassung
    • Zuordnung von Rechnungs- zu Bestellpositionen
    • Diverse Vorbelegungen hinsichtlich Kontierungs­-infor­mationen auf Kreditorenebene
  • Einzelne Arbeitsschritte sind komplett entfallen:
    • Papier-Handling
    • Kommunikationsaufwand bei Prüfprozessen

Einfach ist ein guter Weg

Für ähnliche Projekte zieht der Teamleiter folgendes Fazit: „Einfache Prozesse einfach lassen, von unnötiger Komplexität hat niemand etwas. Außerdem sollte man sich die Lösung, die Software ganz genau hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit ansehen, denn für ein einheitliches Prozessverständnis sind immer auch organisatorische Regeln bzw. unter Umständen auch eine Restrukturierung der Prozesse gefragt. Zu guter Letzt empfiehlt es sich, Interessen und persönliche Vorstellungen abzufragen sowie ein professionelles Projekt-Management aufzusetzen, um Ziele klar und frühzeitig zu definieren und nicht im Nebel herumzustochern.“

Die Zukunft hält für Tobias Morath und sein Team noch weitere Neuerungen bereit. Neben zusätzlichen Standardisierungen und Automatisierungen einfacher Arbeitsschritte wie etwa der Vorbelegung der Kontierung von Rechnungen mit Standardwerten und dem direkten Verbuchen von Rechnungen bestimmter Kreditoren plant seine Abteilung darüber hinaus, Eskalationsszenarien zu implementieren. Der Roll-out auf ausländische Tochtergesellschaften steht ebenfalls noch auf der Agenda, genauso wie die Einführung der Workflow-Bearbeitung auf mobilen Endgeräten.

  • Tiefe Integration in die SAP-Module Financials (FI), Controlling (CO) und Material-Management (MM)
  • Vorgänge können aus einer Maske heraus ohne Systemwechsel bearbeitet werden
  • Intuitives Handling
  • Kompatibilität mit SAP S/4HANA

Bildnachweis: Dieffenbacher GmbH/iStock+Daniella Winkler

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blaupause 01-2022: Dieffenbacher

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