Eine leistungsfähige Applikationslandschaft für alle Landesgesell-schaften: Mit einem globalen Transformationsprogramm führt LANXESS derzeit weltweit neue und harmonisierte Prozesse ein. Möglich macht das die Migration der ERP-Systemlandschaft auf S/4HANA.
Ein erster Meilenstein wurde im Oktober 2020 erreicht. Damals fand in den ersten beiden Pilotregionen USA und Kanada der Go-live auf die neue ERP-Landschaft statt. Sie liegt in der Public Cloud und lief zunächst auf dem Release SAP S/4HANA 1809. Bereits 2021 folgte in beiden Regionen das Upgrade der ERP-Systemlandschaft auf das Release SAP S/4HANA 2020 FSP01. Der Roll-out in der wichtigsten Landesgesellschaft Deutschland wird sich im laufenden Jahr 2022 anschließen.
Das Release SAP S/4HANA 2020 FSP01 bietet zahlreiche neue Funktionen für eine vereinfachte Bedienung und mehr Automatisierung. Der Chemiekonzern benötigt sie unter anderem im Bereich Transportation Management (TM), der bei Lanxess die Auslieferung von Chemikalien an Kundenunternehmen betreut. Nicola Münch, Head of SAP Operations Services bei Lanxess, begründet den Schritt: „Das Release SAP S/4HANA 1809 war Anfang 2021 mehr als zwei Jahre alt. Mit der zügigen Umstellung auf das neueste Release holen wir uns dringend benötigte Funktionen an Bord, die sonst über unsere Entwickler individuell programmiert werden müssten – und leider nicht zukunftssicher wären, sobald ein neues SAP-Release folgt.“ Die Folgen wären höhere Upgrade-Kosten und eine deutlich längere Projektlaufzeit für ein Upgrade innerhalb des SAP-Wartungsfensters gewesen.
LANXESS Deutschland GmbH
LANXESS ist ein führender Spezialchemie-Konzern, der 2020 einen Umsatz von 6,1 Milliarden Euro erzielte und aktuell rund 14.900 Mitarbeitende in 33 Ländern beschäftigt. Das Kerngeschäft von LANXESS bilden Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von chemischen Zwischenprodukten, Additiven, Spezialchemikalien und Kunststoffen. LANXESS ist Mitglied in den führenden Nachhaltigkeitsindizes Dow Jones Sustainability Index (DJSI World und Europe) und FTSE4Good.LANXESS Deutschland GmbH
Mehrere Projekte parallel
Die größte Herausforderung beim Upgrade der ERP-Systemlandschaft stellte die Parallelität der Ereignisse dar. Interne wie externe Fachkräfte waren gleichzeitig in zwei Projekten gefordert. „Die Schlüssel zum Erfolg lagen in einem stringenten Projekt- und Programm-Management sowie in der Unterstützung durch das IT-Management. Es hat sehr geholfen, dass wir zu Beginn des Projekts alle Bereichsleiter in ein gemeinsames Meeting beriefen, die Dringlichkeit des Upgrades verdeutlichten und ein gemeinsames Bild über Scope und Timing vereinbarten“, so Nicola Münch.
Üblich ist ein solches Vorgehen im SAP-Wartungszyklus nicht. Ein Release-Upgrade findet nicht zeitgleich mit Entwicklungsarbeiten an der SAP-Systemlandschaft statt. Bei Lanxess waren jedoch bereits weitere Roll-outs verschiedener Landesgesellschaften auf der neuen S/4 HANA-Landschaft geplant. Es ist also weiterhin keine Pause im globalen Transformationsprogramm des Chemiekonzerns in Sicht.
Satellitensysteme als technische Herausforderung
In den Pilotregionen Nordamerika und Kanada fanden das S/4-2020-Upgrade und die Regression-Tests bereits ein halbes Jahr nach dem Go-live statt – und damit in einer Zeit, in der sich die Benutzerinnen und Benutzer auf dem neuen System erst einarbeiteten. Dies brachte sowohl Vorteile als auch Herausforderungen für das Upgrade-Projekt mit sich.
Von Vorteil war, dass die Testfälle aus dem Go-live des Transformationsprogramms im Upgrade-Projekt wiederverwendet werden konnten, was vor allem bei der Testvorbereitung Zeit sparte. Die Herausforderung dabei: Das System hatte noch keinen jahrelangen Härtungsprozess durchlaufen. Während der Laufzeit des S/4-Upgrade-Projektes konnten keine neuen Entwicklungen oder Wartungsaktivitäten wie OS-Patches oder Aktualisierungen von Drittanbieter-Erweiterungen (Third-Party-Add-ons) eingespielt werden.
Vor allem die angeschlossenen Satellitensysteme waren ein Unsicherheitsfaktor, denn bei ihnen galt es, die Kompatibilität mit dem neuen SAP-Release zu prüfen. Deren Hersteller hatten selbst kaum Erfahrung mit dem neuesten SAP-Release. Auch die Drittanbieter-Erweiterungen mussten zunächst noch überprüft oder adaptiert werden.
An die neue S/4HANA-Plattform sind u. a. folgende SAP-Satellitensysteme angeschlossen:
- Global Trade Services (GTS)
- Environment, Health and Safety Management (EH&S)
- Process Integration (PI)
- Master Data Governance (MDG)
- Identity Management (IDM) sowie
- mehrere Cloud-Applikationen
Mit SAP gemeinsam wurde sichergestellt, dass die Satelliten in der Lage sind, mit dem neuesten Release 2020 zu interagieren. Durch die Verwendung von Software von nur einem Anbieter wie SAP will Lanxess eine optimale Integration der einzelnen Komponenten für die relevanten End-to-End-Prozesse sicherstellen.
Features von S/4HANA 2020 FSP 01 im Bereich Transportation Management
- Klärungs-Management (Disputes) in den Preisen zwischen Lanxess und dem Spediteur:
– Schnittstelle zwischen Lageraufgaben (LB) und Transportation Management (TM) - Update-Handling:
– Änderungen von Terminen, Mengen, Gewichten - Integration von Ladestellen in einer Lieferung:
– Ermittlung der Ladelokation inklusive Handling in der TM-Planung
Mandantenkopien um 20 Prozent schneller angefertigt
Nicola Münch: „Bei einem mehrgleisigen Projekt dieser Art gibt es viele Klippen. Es können Re-Implementierungsaufwände anfallen, falls das Upgrade nicht ausgerollt werden kann, etwa weil es den Test nicht besteht oder Satellitensysteme nicht mehr kompatibel sind.“ Auch den parallelen Einsatz interner und externer Ressourcen galt es angesichts der strengen zeitlichen Abhängigkeit zweier IT-Vorhaben genau zu koordinieren. Ein Aufwand, der sich lohnte: „Auf dem neuesten Release zu arbeiten, bietet unseren SAP-Entwicklerinnen und -Entwicklern die Möglichkeit, den neuesten Stand der Funktionen kennenzulernen. Hinzu kommt, dass uns das Projekt tiefe Einblicke in alle Geschäftseinheiten und deren Prozesszusammenhänge erlaubt hat. Ganz konkret können wir mit dem neuen Release Mandantenkopien in künftigen Transformations-Roll-outs um 20 Prozent schneller anfertigen.“
Maßnahmen zur Sicherheit
- Eine Notfall-Transportstrecke wurde aufgebaut, um während des laufenden Upgrades dringende Entwicklungen weiterhin testen und live setzen zu können.
- Noch während des Projektes entschied man sich, mehrere Dry Runs des Upgrades auf Sandboxen durchzuführen.
- Damit einher ging eine iterative Detaillierung und Optimierung der Cut-over-Pläne, um Abläufe zu üben, Laufzeiten besser einzuschätzen und Fallstricke frühzeitig zu erkennen.
Nach dem Review der Release Notes (SAP: Simplification List) und nach jeder Testphase fanden Meetings statt, in denen alle Modulverantwortlichen eine Go-/No-Go-Entscheidung trafen. Das Team aus Entwicklern, Upgrade-Verantwortlichen und Testern verpflichtete sich so aktiv für den Eintritt in die nächste Projektphase. Während der Hypercare-Phase halfen Ticket-Identifikatoren, die vermuteten mit den tatsächlichen Komplikationen abzugleichen und schnelle Korrekturen einzuleiten oder fehlende Zugänge für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereitzustellen.
-„Für das Upgrade-Projekt in den Pilotregionen galt es, die Fachbereiche nochmal zusätzlich zu motivieren“, erläutert Nicola Münch. „Die erforderlichen Tests mussten gut ein halbes Jahr nach dem Go-live erneut durchgeführt werden – und dies, obwohl es sich um ein rein technisches Upgrade handelte, also ohne neue Funktionalitäten für die Fachbereiche.“ Hier halfen kontinuierliche Kommunikation und Transparenz über das Projekt und seine Hintergründe sowie der Einsatz eines lokalen Test-Managers als zentralem Ansprechpartner.
Eine weitere Belastung ergab sich durch Covid-19. „Für mich war es das erste Projekt, das ich vom Kick-off bis zur Betriebnahme nahezu vollständig aus dem Home-Office abgewickelt habe“, erzählt Nicola Münch.
MaxAttention-Vertrag
In der Zusammenarbeit mit SAP war der vorhandene MaxAttention-Vertrag von Vorteil. MaxAttention ist ein Premium-Support-Angebot von SAP für komplexe Projekte. Kunden erhalten ein eigenes Support-Team mit kundenspezifischen Services und erweitertem Back-Office-Support. So fand mit den dedizierten Ansprechpartnerinnen und -partnern aus dem SAP-Entwicklungs-Team ein enger Austausch während des Bug-Fixing auf dem Testsystem statt. Auch der Support durch den SAP-Technical-Quality-Manager beschleunigte den Abschluss von Tickets durch SAP.
Detaillierte Planung, eine enge Abstimmung und gemeinsame Go-/No-Go-Entscheidungen vor jedem Eintritt in eine neue Projektphase waren im Nachhinein der Schlüssel zum Erfolg des Upgrade-Projekts. So zieht Gerhard Schmitz, Head of Global Business Services bei der Lanxess Deutschland GmbH, insgesamt ein positives Resümee: „Alle Geschäfts-einheiten und Führungskräfte haben sowohl Vorbereitung als auch Durch-führung dieses Upgrades als sehr gut wahrgenommen. Viele Probleme – ob größere oder kleinere – wurden schnell und professionell gelöst.
Bildnachweis: LANXESS
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