Mitarbeitende stärker fördern

Personalwesen

SAP positioniert derzeit den Begriff HXM (Human-Experience-Management) als Weiterentwicklung des HCM (Human-Capital-Management) und verstärkt dementsprechend seine Entwicklungsressourcen. Was das konkret für Anwenderunternehmen bedeutet, erläutern Hermann-Josef Haag, DSAG-Fachvorstand Personalwesen & Public Sector, Dr. Daniela Lange, Group Vice President, Product Management Time, Payroll & Total Rewards SAP SuccessFactors, und René Schumann, Chief Product Strategy Manager Paying, Rewarding and Core Administration SAP SuccessFactors.

Welche Themen und Bereiche stehen aus strategischer Sicht beim Human-ExperienceManagement im Fokus?

Dr. Daniela Lange: Für das Human-ExperienceManagement (HXM) ist die SAP-IntelligentEnterprise-Strategie richtungsweisend. Unser Ziel ist eine portfolioübergreifende Architektur mit tiefer Integration und Harmonisierung auf mehreren Ebenen. Im HXM steht der Mitarbeitende im Mittelpunkt, unterstützt durch moderne Technologien, wie z.B. Digital Assistant, SAP Analytics Cloud, KI und SAP Workzone. Besonders freuen wir uns über verstärkte Investitionen in unserer HXM-Move-Initiative, die stark durch die berechtigten Einwände und Wünsche unserer ERP-Human-Capital-Management-Kunden beeinflusst wurde. René Schumann: Unsere Schwerpunkte sind hier die konsequente Weiterentwicklung der Stammdatenverwaltung in Employee Central mit Fokus auf Flexibilität für lokale regulatorische Anforderungen, eine bessere Prozessunterstützung insbesondere für hybride Systemlandschaften, der beschleunigte Ausbau von Employee Central Time Off und Time Tracking als moderne Nachfolger unserer On-PremiseZeitwirtschaftslösung sowie eine völlig neue Entwicklung für die Entgeltabrechnung.

Dr. Daniela Lange leitet bei SAP SuccessFactors das Produktmanagement für die Bereiche Zeitwirtschaft, Entgeltabrechnung, Compensation und Benefits. Mit ihren Teams verfolgt sie die Ziele, diese Kernprozesse neu zu überdenken und mithilfe moderner Cloud-Technologie zu realisieren sowie Kunden in ihrer Cloud-Transformation über optimierte hybride Zwischenstationen produktseitig zu unterstützen.

Ist das die richtige Ausrichtung und warum?

Hermann-Josef Haag: Das Personalwesen hat sich massiv weiterentwickelt und es ist wichtig, dass jetzt Software für die Mitarbeitenden entwickelt wird – ähnlich wie im Customer Relationship-Management für Kunden. Es geht darum, die individuellen Bedarfe zu fördern. Dafür ist eine positive Unternehmenskultur wichtig und die ist auch Bestandteil eines HumanExperience-Managements. Der Bedarf eines Mitarbeitenden muss erkannt werden, bevor er innerlich gekündigt hat. Daher ist die strategische Ausrichtung von SAP HXM richtig.

Welchen Zusammenhang gibt es zwischen RISE with SAP und der HXM-Move-Initiative, und welcher konkrete Mehrwert soll für die Kunden erreicht werden?

Lange: HXM Move ist das HR-Pendant zu RISE with SAP. Einerseits geht es darum, unsere SuccessFactors-Lösungen organisch auszubauen. Hierzu gehören auch die Zeitwirtschaft und die Entgeltabrechnung, die bereits auf der Zielarchitektur des Intelligent Enterprise gebaut werden. Diese kritischen Anwendungen wollen wir durch eine langjährige Investition für die nächsten Jahrzehnte zukunftssicher machen. Grundpfeiler sind die Unterstützung gesetzlicher sowie betrieblicher Vorgaben, ein sehr hoher Automatisierungsgrad in Verbindung mit Flexibilität sowie ein neuer Ansatz in der Interaktion zwischen Mitarbeitendem und Unternehmen. Andererseits geht es aber auch um die Reise selbst. Es reicht nicht, mit der schönen neuen Welt in der Cloud zu werben. Vielmehr muss jeder einzelne Transformationsschritt mit einem Mehrwert für unsere Kunden einhergehen. Aus Produktsicht bedeutet das, dass wir auch unsere hybriden Angebote verbessern, insbesondere mit Hinblick auf systemübergreifende Prozessintegration.

Welche Relevanz messen Sie der Rolle der Integration in diesem Zusammenhang bei?

Haag: Solange wir in einer hybriden Welt unterwegs sind, spielt Integration eine entscheidende Rolle. Zwar bietet SAP im Personalwesen z.B. Recruiting, Talentmanagement oder Learning in der Cloud an, doch für die Kernprozesse wie Abrechnung oder Zeitwirtschaft und für die branchenspezifischen Aufgaben, wie im öffentlichen Dienst z.B. die Stellenwirtschaft, braucht es die angesprochenen hybriden Szenarien sowie einen vollautomatisierten Integrationsprozess. Hier will SAP den Anwendern entgegenkommen. Und beim Hire-toRetire-Prozess, der auf der Cloud-Ebene bereits abgebildet wurde, soll eine hybride Erweiterung folgen. Als DSAG begrüßen wir das.

Inwiefern wirkt sich diese strategische Ausrichtung auf die Überlegungen der Kunden aus, zu HCM for S/4HANA zu wechseln und was sollten sie berücksichtigen?

Lange: Das HCM für S/4HANA steht ab Q3/2022 zur Verfügung und ist für unsere Bestands kunden gedacht, welche Stabilität und konkrete Wartungszusagen für ihre HCM-Kernanwendung über das Jahr 2030 hinaus benötigen. Es ist eine Brücke für den Transformationsweg zu den neuen SAP-Cloud-Lösungen.

Schumann: Der innovative Transformationsweg führt in Richtung SuccessFactors, diesen werden wir schrittweise gehen. Als erster Schritt ist Employee Central als führende Stammdatenbasis zu sehen – durchaus als ein hybrides Modell. Dann folgen die Zeitwirtschaftsanwendungen und final die neue Entgeltabrechnung. Es ist denkbar, dass Bestandskunden gar nicht auf HCM für S/4HANA wechseln müssen. Die Anwendungen auf Basis ECC bleiben ja bis 2027 in der Wartung, mit der Möglichkeit, bis 2030 zu verlängern.

Der öffentliche Dienst tut sich noch immer schwer mit einem Wechsel in die Cloud. Welchen Austausch gibt es hierzu mit SAP?

Haag: Neben dem öffentlichen Dienst tun sich auch andere Branchen schwer, wie z.B. Krankenhäuser – insbesondere Unternehmen, die zur sogenannten kritischen Infrastruktur gehören. Hier stößt die Public Cloud vor allem auf Bedenken. Um im öffentlichen Dienst z.B. die Innovationen in der Cloud nutzen zu können, haben wir eine strategische Initiative ins Leben gerufen, die den Einsatz von HR-CloudLösungen in der öffentlichen Verwaltung mit SAP auf Augenhöhe diskutiert. Vor dem Hintergrund von Datenschutz, IT-Sicherheit, Funktionalität, Innovation und Betrieb werden Modelle diskutiert, wie ein „deutscher“ CloudBetrieb für eine öffentliche Verwaltung der Zukunft praktisch aussehen kann.

Was war schwierig beim Thema Stammdaten und wie löst SAP dies?

Haag: Es gibt kein einheitliches Stammdatenmodell zwischen Cloud und On-Premise in den unterschiedlichen Modulen der SAP-Software. Jetzt will SAP Personaldaten als einheitliches Modell anbieten. Das ist wichtig, da es um unterschiedliche Daten geht, wenn es z.B. direkt Angestellte oder eingekaufte Mitarbeitende sind. DSAG und SAP haben mit ihrer Stammdateninitiative hier Standards geschaffen, ein One-Data-Model sozusagen. Und das gilt es nun, für die Anwender flächendeckend in der Software umzusetzen.

Lange: Unser Ziel ist es, Employee Central dahingehend auszubauen, dass es als führen des Stammdatensystem für alle HR-Prozesse eingesetzt werden kann, insbesondere für Kernprozesse wie Zeitwirtschaft und Entgeltabrechnung. Damit setzen wir höchste Maßstäbe an Flexibilität. Die redundante Datenpflege in hybriden Übergangslandschaften ist dann nicht mehr notwendig.

Vor welchen Herausforderungen stehen die SAP-Kunden bei der Zeitwirtschaft?

Haag: Der Europäische Gerichtshof hat im Mai 2019 die einheitliche Verpflichtung zur Zeiterfassung für alle Unternehmen in Europa festgelegt. Bei unterschiedlichen Arbeitszeitmodellen und Betriebs- oder Personalvereinbarungen kann das sehr komplex werden. Dementsprechend muss die Zeitwirtschaft hochflexibel sein. Denn eine standardisierte Fertiglösung wird es hier nie geben. Die technologischen Herausforderungen sind ebenfalls hoch. Werden z.B. Zeiten mit Terminals erfasst, muss die Anbindung von lokaler Infrastruktur möglich sein. Hier spielen auch wieder Sicherheitsaspekte eine Rolle. Aktuell bietet SAP jedoch nur eine komplexe Lösung im Human-Capital-Management On-Premise an.

Hermann-Josef Haag, verantwortlich für das Customer Center of Expertise des Landesamts für Finanzen Rheinland-Pfalz, ist seit Februar 2019 DSAG-Fachvorstand Personalwesen & Public Sector. Zudem bekleidete er von 2015 bis zu seinem Eintritt in den Fachvorstand das Amt des Arbeitskreissprechers Personalwesen

Was genau tut SAP in diesem Bereich für die Anwenderunternehmen?

Schumann: Mit den SuccessFactors-Angeboten Time Off, Time Sheet und Time Tracking können zeitwirtschaftliche Anforderungen bereits jetzt umgesetzt werden. Etwa 2.000 Kunden setzen Time Off und ca. 500 Kunden Time Sheet bereits produktiv ein. 2020 haben wir in diesem Bereich unsere Entwicklungskapazität mehr als verdreifacht. Wir verfolgen hier ganz klar das Ziel, eine moderne und leistungsfähige Zeitwirtschaftslösung anzubieten, welche dem bisherigen On-PremiseAngebot in nichts nachsteht.

Lange: Unser Fokus liegt unter anderem in der Integration zur bestehenden Entgeltabrechnung sowie zu unserer neuen Entwicklung, „dem Nachfolger“ der existierenden Entgeltabrechnung. Klare Schnittstellen und ein ganzheitlicher modulübergreifender Lokalisierungsansatz sind uns wichtig. Kunden können schrittweise ihre bisherige Zeitwirtschaftslösung transformieren und gleichzeitig die Komplexität reduzieren. Wir folgen in diesem Bereich einer klaren Roadmap. Dazu bleiben wir auch weiterhin mit den DSAG-Vertretern in einem engen konstanten Austausch.

René Schumann ist Chief Product Strategy Manager für SAP SuccessFactors mit den Schwerpunkten Entgeltabrechnung, Zeitwirtschaft, Compensation und Benefits. Er unterstützt das Team von Daniela Lange mit dem Ziel, die künftigen Cloud-Lösungen und Weiterentwicklungen fundiert und nachhaltig zu gestalten. Darüber hinaus ist er die Kommunikationsbrücke zwischen SAP, dem Partnernetzwerk und diversen Arbeitsgruppen

Derzeit gibt es keine Lohn- und Gehaltsabrechnung in der Public Cloud. SAP bietet aber verschiedene Deployments wie z.B. Hosting oder Managed Cloud. Warum und inwiefern muss sich das ändern?

Haag: Es muss eine modernere, anpassbare Lohn- und Gehaltsabrechnung sein, da mit unterschiedlichen Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen viele verschiedene Aspekte zu berücksichtigen sind. Und es muss eine echte Software-as-a-Service-Lösung sein. Hier lassen sich sicher auch Machine-Learning oder Robotic-Process-Automation-Ansätze finden, mit deren Hilfe viele Prozessschritte innerhalb einer Abrechnung abgedeckt werden könnten.
Wie genau lauten die konkreten Pläne von SAP hinsichtlich der Abrechnung?

Schumann: Wir haben uns entschieden, eine neue Entgeltabrechnung zu entwickeln. Diese ist „in der Cloud geboren“ und beruht auf einer modernen Architektur und aktuellen Technologien. Ziel ist es, den Betreiberaufwand zu reduzieren und die einzelnen Anwenderrollen gezielt zu unterstützen. Intelligente Regelwerke zur Echtzeitprüfung der Abrechnung helfen den Entgeltverantwortlichen und verringern Fehler und zeitliche Spitzenbelastungen.

Lange: Unser Entwicklungsteam arbeitet mit großer Leidenschaft an diesem Thema. Sowohl in Deutschland als auch global haben wir viele Kollegen mit mehreren Jahrzehnten Erfahrung in der Entgeltabrechnung an Bord. Darüber hinaus werden wir für einen langen Zeitraum unsere heutige Cloud-Lösung, die Employee Central Payroll, zur Verfügung stellen und kontinuierlich erweitern.

Wie wollen Sie bei den strategischen Themen mit der DSAG zusammenarbeiten?

Lange: Vertrauensvoll, partnerschaftlich und in enger Abstimmung. Wir haben die DSAG sehr früh in unsere Entwicklungspläne eingeweiht und schätzen die hohe Kompetenz der einzelnen Mitglieder. Wir werden regelmäßig unsere Entwicklungen vorstellen, den Input aufnehmen und auf mögliche Entwicklungswünsche eingehen. Für uns stellt diese Erfahrung und Kompetenz eine wichtige Quelle dar die wir in einer echten Win-Win-Situation für alle Beteiligten sehr gut nutzen können. Sicherlich werden viele Entwicklungen und Strategiekonzepte nicht „über Nacht“ realisiert werden können, hier braucht es eine verlässliche Planung und eine offene Kommunikation. Haag: Als DSAG begrüßen wir es sehr, dass wir auch künftig frühzeitig in die Ideen von SAP eingebunden werden, um gemeinsam den richtigen Weg aus Anwendersicht zu identifizieren. In der DSAG sind die Kunden, die sich intensiv mit der Software und der Fachthematik auskennen und den nötigen Input liefern können, um letztendlich eine Lösung im Sinne der Anwender zu erarbeiten.

Vielen Dank für das Gespräch!

Bildnachweis: Anna Polywka + Shutterstock, SAP SE, DSAG

Weitere Informationen rund um das Personalwesen finden Sie im DSAGNet.

Autorin: Julia Theis
blaupause-Redaktion
blaupause@dsag.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert