Staatsforst

In der Waldbewirtschaftung setzen die Bayerischen Staatsforsten (BaySF) als Anstalt des öffentlichen Rechts u. a. auf die SAP Cloud Platform (SAP SCP) und deren Mobile Services. Denn an vielen Arbeitsplätzen in der Forstwirtschaft dominiert noch die Natur und nicht die Technik. Dort müssen Offline-Anwendungen für die Verbindung zu den betriebswirtschaftlichen Abläufen, den Speditionen, Holztransportern und Kunden sorgen.

Der Wald steht schwarz und schweiget und aus den Wiesen steiget der weiße Nebel wunderbar“, heißt es bei dem Lyriker Matthias Claudius. In vielen Epochen der Kunst- und Literaturgeschichte ist der Wald ein Motiv. Neben seinen Funktionen als Sehnsuchtsort und Lebensraum für Flora und Fauna deckt er seit jeher den Bedarf des Menschen an dem nachwachsenden Rohstoff Holz.

Aber der Wald hat es aktuell nicht leicht. Durch den Klimawandel mit erhöhten Temperaturen, ausbleibenden Niederschlägen, häufigen und massiven Stürmen sowie Schadinsekten wie z. B. dem Borkenkäfer haben die Schäden am Baumbestand massiv zugenommen. „Das entstandene Schadholz übersteigt die Nachfrage am Holzmarkt bei Weitem, drückt somit den Holzpreis und stellt den Waldbesitz vor wirtschaftliche Herausforderungen“, schildert Matthias Frost, Bereichsleiter Informations- und Kommunikationstechnik bei den Bayerischen Staatsforsten (BaySF), die aktuelle Situation.

Offline-Anwendungen für den Außeneinsatz

Matthias Frost, Bereichsleiter Informations- und Kommunikationstechnik bei den Bayerischen Staatsforsten AöR (BaySF)

Um diese zu meistern, spielt die IT in der Waldbewirtschaftung eine zentrale Rolle. Die Symbiose zwischen IT und Wald nahm bereits 1976 Gestalt an, wie die Datenbanken der Bayerischen Staatsforsten belegen. Und schon 1989 wurden die rund 1.100 in der Forstwirtschaft tätigen Personen mit mobilen Datenerfassungsgeräten ausgestattet. Heute sind außeneinsatztaugliche Tablets gebräuchlich, die auch in Gebieten mit keiner oder nur unzureichender Netzabdeckung einsatzfähig sein müssen. Das heißt: Nahezu alle IT-Verfahren sind zumindest teilweise für den Offline-Einsatz ausgeprägt. Das geht auf das Konzept des „mobilen Büros“ aus dem Jahr 2010 zurück. „Das war der Startschuss, sämtliche für den Außeneinsatz relevanten Anwendungen offline und unterstützt durch Geoinformationssysteme (GIS) aufzubauen. So zwingen wir die Mitarbeitenden nicht über ihre IT-Ausstattung an einen bestimmten Verrichtungsort, sondern versorgen sie ortsunabhängig mit der erforderlichen IT und den entsprechenden Daten“, so Matthias Frost.

Komplexe Prozesse in der Waldbewirtschaftung

Im Zentrum der IT-Aufgaben steht bei den Bayerischen Staatsforsten die Geschäftsprozessunterstützung. Die entsprechenden Abläufe rund um die Waldbewirtschaftung sind genauso zahl- und variantenreich wie komplex. Bei der Rundholzproduktion z. B. unterstützen IT-Lösungen bei der Entscheidung, welcher Baum gefällt werden kann, wo er steht, wann er markiert wird, wie er aus dem Wald kommt, an welcher Forststraße er abgelegt und wohin er geliefert wird. Da gibt es viele Steuerungspunkte, an denen eingegriffen und Daten übergeben werden müssen. Und spielt dann das Wetter nicht mit, bleibt so ein Prozess auch mal stehen. Denn um das hohe Gut Waldboden zu schützen, dürfen die Maschinen z. B. bei starkem Regen nicht mehr in den Wald fahren. Dann müssen gegebenenfalls Teilschritte des Ablaufs zurückgenommen und anderen Kunden zugewiesen werden. Darüber hinaus reicht die Bandbreite von der Buchhaltung und dem Investitions-Management über die Produktionsplanung, das Naturschutz-, Erholungs-, Wege- und Straßen-Management bis hin zum GIS-Datenmanagement sowie dem Jagd- und Borkenkäfer-Management und vielem mehr.

Die IT spielt in der Waldbewirtschaftung eine zentrale Rolle

Die HANA-Datenbank steht im Mittelpunkt

Seit 2000 hat die Bayerische Staatsforstverwaltung als damals deutschlandweit erste Verwaltung SAP-Systeme im Einsatz. Aus der klassischen Verwaltung wurde dann 2005 eine Anstalt des öffentlichen Rechts ausgegliedert, die Bayerischen Staatsforsten. Als es darum ging, die wichtige Integration auf eine zukunftsfähige Systemarchitektur zu stellen, wurde beschlossen, die GIS- und ERP-Datenbanken zu einer HANA-zentrischen Architektur zu verschmelzen. „Das Architekturkonzept von SAP, beginnend bei der HANA-Datenbank bis hin zu den mobilen Services in der SAP Cloud Platform (SCP) bzw. die hybride App-Entwicklung mittels SAP Fiori, hat uns überzeugt“, erläutert Matthias Frost. Die HANA-Datenbank steht im Mittelpunkt, um den die weiteren Systeme angekoppelt sind, sei es das ERP, das Business Warehouse, das GIS-System, sonstige Fachverfahren und eben auch die SAP Cloud Platform Mobile Services. Die Mobile Services sind sozusagen die Management-Schicht, über die offline-erfasste Daten in die SCP transferiert werden, samt Authentifizierung und Abgleich mit den bestehenden Informationen.

Bei den Bayerischen Staatsforsten sind für den Außeneinsatz taugliche Tablets gebräuchlich.

Elektronischer Lieferschein über die SAP Cloud Platform

An der Entscheidung pro SCP gibt es für Matthias Frost nichts zu rütteln. „Es war richtig und vernünftig, diesen Schritt zu gehen. Es ist eine tolle Sache, die ich jederzeit wieder machen würde. Die Architektur der SCP, von der Datenbank über die Analysewerkzeuge und ERP-Systeme bis rein ins Geo-Informationssystem und die Standardschnittstellen, ist sehr schlüssig und durchgängig.“ Der Einsatz der SCP hat sich folglich schnell bezahlt gemacht. So ließ sich z. B. der Aufwand für die manuelle Erfassung und Prüfung der rund 100.000 Lieferscheine pro Jahr deutlich reduzieren.

Der elektronische Lieferschein ist aktuell der zentrale Prozess, der über die Cloud-Plattform abgewickelt wird. Er umfasst den digitalen Informationsfluss von und zu den Speditionen, deren Lkw und den Kunden. Dafür stellen die Bayerischen Staatsforsten den Speditionen eine SCP-basierte Web-Anwendung für die Disposition der Transportaufträge zur Verfügung sowie eine App für die Onboard-Erfassung von Lade- und Lieferscheinen auf den Lkw – beides selbstverständlich GIS-gestützt. „In der Web-Anwendung sind Online-Karten mit den Positionen der zu disponierenden Holzpolter (gesammeltes und sortiertes Lang- oder Kurzholz) und der auftragsbezogenen Lieferorte dargestellt. Die Disposition kann karten- oder sachdatenbasiert erfolgen. Das heißt, entweder die Polter werden auf der Karte selektiert, um die Route zu optimieren. Oder als komplette Liste von Poltern einfach einem Lkw zugeordnet“, erläutert Matthias Frost.

Selbsterklärende Offline-App

Nahezu alle IT-Verfahren sind zumindest teilweise für den Offline-Einsatz ausgeprägt.

Die Kunden der BaySF erwarten, dass in zyklischen Abständen das Holz in die Werke geliefert wird. Dementsprechend verlassen jeden Tag zwischen 600 und 700 Lkw-Ladungen mit Holz den bayerischen Staatswald. Dass das nicht nur während der normalen Betriebszeiten zwischen 7 und 17 Uhr stattfinden kann, war ein weiterer Grund für die SAP Cloud Platform. „Die SCP erlaubt uns den 24×7-Betrieb mit einer losen Kopplung zum ERP-System. Außerdem: Sollte das ERP-System mal gewartet werden, speichern wir die Kommunikationsdaten in der Cloud zwischen und tauschen sie aus, wenn das ERP-System wieder einsatzfähig ist“, gibt Matthias Frost ein Beispiel.

In der mobilen Offline-App werden die Holzpolter dargestellt, die einem Fuhrauftrag zugeordnet sind. Für die Kartendarstellung inklusive einfacher Routing-Funktion wurde von einem Drittanbieter ein entsprechendes Plug-in entwickelt. Zudem existieren Schnittstellen zwischen dem ERP On-Premise und der SCP, um die Transportaufträge zur Spedition, die Ladescheine und Lieferscheine vom Lkw an die BaySF zu übermitteln. Um die Offline-App einfach und selbsterklärend aufzubauen, wurden Speditionsunternehmen in das Projekt-Team eingebunden, die ihren Input zur Gestaltung der Prozesse und der Applikationen abgaben. Mit Erfolg: „Wir haben mittlerweile Speditionen, die gar nicht mehr ohne unseren elektronischen Lieferschein beauftragt werden wollen“, freut sich Matthias Frost.

Projektpartner aus Wissenschaft und Industrie

Trotz des Zuspruchs zu diesem Digitalisierungsprojekt wirkt sich der schwierige Zustand des Waldes in Mitteleuropa weiter negativ auf die wirtschaftliche Situation des Waldbesitzes aus. Aber auch wenn die Bäume in diesem Zusammenhang nicht in den Himmel wachsen, kann sich Matthias Frost als Folgeprojekt für die SCP die Übernahme der Produktionsdaten von Holzerntemaschinen (Harvester) und Holzrückezügen (Forwarder) vorstellen. „Hier haben wir dieselbe Situation wie bei den Speditionen mit dem 24×7-Betrieb, und wir werden auch hier über die Cloud und dann rein ins ERP-System kommen“, blickt Matthias Frost in die Zukunft. Zudem ist gemeinsam mit Wissenschaft und Forschung sowie weiteren Partnern aus der Industrie ein Projekt für die SCP geplant, mit dem Maschinen vor Ort im Wald kontinuierlich Produktionsdaten untereinander austauschen sollen. So kann die Einsatzleitung laufend abrufen, wo der Harvester welches Holz abgelegt hat und daraus die neuen Routen berechnen, um die Belastung für den Waldboden und die Fahrkilometer zu minimieren. Damit auch in Hunderten von Jahren der Wald mit all seiner Magie immer noch schwarz und schweigend die Menschheit faszinieren und mit nachwachsendem Rohstoff versorgen kann.

Bildnachweis: Anna Polywka + Bayerische Staatsforsten

Thomas Kircher

Autor: Thomas Kircher
blaupause-Redaktion
blaupause@dsag.de

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