„Gemeinsam die Zukunft schaffen“

SAP hat es sich auf die Fahnen geschrieben, Nachhaltigkeit in der gesamten Unternehmensstrategie zu verankern. Dabei verfolgt das Unternehmen die Vision, die Abläufe der weltweiten Wirtschaft zu verbessern. Im Interview erläutert Thomas Saueressig, Mitglied des Vorstands der SAP SE, welche Rolle digitale Lösungen und Dienste des Software-Herstellers spielen, damit Kunden die Herausforderungen in Bezug auf Nachhaltigkeit meistern und welche Chancen daraus für die Unternehmensentwicklung entstehen können.

SAP legt einen Fokus auf Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung. Was beinhaltet die Nachhaltigkeitsstrategie von SAP?

Thomas Saueressig, Mitglied des Vorstands der SAP SE

Thomas Saueressig: Nach unserem Verständnis muss das Prinzip der Nachhaltigkeit fester Teil der gesamten Unternehmensstrategie sein. Diese Überzeugung fließt in all unser Handeln ein – von Veranstaltungen bis zu unseren Datenzentren und Produkten. Wir haben uns bereits vor über zehn Jahren auf die Fahne geschrieben, das Thema im Unternehmen und für unsere Kunden voranzubringen. Nur so können wir unsere Vision erreichen, die Abläufe der weltweiten Wirtschaft und das Leben von Menschen zu verbessern. Wir setzen hier zwei Hebel an: Wir bieten digitale Lösungen und Dienste, die unseren Kunden helfen, Herausforderungen in Bezug auf Nachhaltigkeit gerecht zu werden und Chancen für die Unternehmensentwicklung entstehen zu lassen. Darüber hinaus sind wir uns unserer Vorbildfunktion bezüglich der eigenen nachhaltigen Geschäftsabläufe bewusst.

Wie lauten die wichtigsten Nachhaltigkeitsziele, die SAP langfristig verfolgt?

Wir können unseren Kunden nur dann ein verlässlicher und glaubwürdiger Partner sein, wenn wir auch unser eigenes Unternehmen auf ganzer Breite nachhaltig ausrichten. Dabei sind uns drei Kernbereiche besonders wichtig: Wir wenden verantwortungsvolle, ethische Geschäftspraktiken an und sichern sie langfristig. Wir tragen mit breiten Lernangeboten für Kunden, Partner und Mitarbeitende dazu bei, digitale Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln, und wir sehen uns verpflichtet, Gesundheit, Wohlbefinden, Gleichberechtigung sowie faire und inklusive Arbeit sicherzustellen. Zudem wollen wir unseren ökologischen Fußabdruck deutlich verringern und bis 2025 klimaneutral wirtschaften.

Wie ist die Resonanz der Kunden auf die Nachhaltigkeitsbestrebungen und inwiefern profitieren die Kunden?

Unsere Kunden geben uns sehr positive Rückmeldungen zu unserer Strategie und auch zu den Neuerungen, die wir produktseitig angekündigt und umgesetzt haben. Wir bekommen immer häufiger Anfragen von unseren Kunden, wie wir sie konkret unterstützen können, um ihre Nachhaltigkeitsziele umzusetzen. Unsere Antwort sind innovative Lösungen und Services, die wir mit Kunden zusammen in Co-Innovationsprojekten entwickeln. Diese Anwendungen unterstützen dabei, finanzielle, materielle oder natürliche Ressourcen sinnvoll und maßvoll einzusetzen, um die Idee der Kreislaufwirtschaft zu verwirklichen. Darüber hinaus sehen wir auch eine neue Art des Arbeitens und des Umgangs mit Mitarbeitenden. Letzteres erfordert ein Umdenken im Personalwesen sowie Anwendungen, die an dieser Stelle unterstützen. Unsere Lösungen helfen dabei, die wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Prozesse und Leistungen ganzheitlich zu verstehen, zu berichten und zu steuern. Um diesen holistischen Ansatz weiter auszubauen, engagieren wir uns in der „Value Balancing Alliance“, einer branchenübergreifenden Initiative, die ein Modell zur Messung von Wertbeiträgen für Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft entwickelt und erprobt.

Wie kann Software sich positiv auf die Nachhaltigkeit bei SAP als Konzern und bei den Kundenunternehmen auswirken?

Mit unserer Software verfolgen wir das Ziel, verantwortungsvoll und wirtschaftlich mit Ressourcen in Unternehmen und über ganze Wertschöpfungsketten hinweg umzugehen – ganz im Sinne einer Kreislaufwirtschaft. Seit September 2019 bieten wir z. B. auf der Basis von SAP Ariba einen globalen Marktplatz für Anbieter von wiederverwerteten Kunststoffen und

Kunststoffalternativen an. Diese Lösung ist Teil des SAP-Pilotprogramms „Plas­tics Cloud“ Damit möchten wir helfen, Abfall von Einwegkunststoffen deutlich einzuschränken und irgendwann ganz zu beseitigen. Darüber hinaus haben wir eine „grüne Cloud“ geschaffen, die seit 2014 zu 100 Prozent mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben wird.

Was hat es mit der von SAP angebotenen Software zum CO2-Tracking auf sich?

Mit der Initiative „Climate 21“ arbeitet ein funktionsübergreifendes Projektteam von SAP zusammen mit Co-Innovationskunden daran, Nachhaltigkeit durchgehend und gesamtheitlich in unsere analytischen und transaktionalen Anwendungen einzubinden. Das CO2-Tracking ist ein wichtiger Aspekt der Initiative und unterstützt unsere Kunden dabei, den CO2-Fußabdruck ihrer Produkte und Prozesse transparent zu machen und zu minimieren. Da sich der CO2-Fußabdruck entlang der Wertschöpfungskette und über Branchengrenzen hinweg kumuliert, werden wir in Zukunft sowohl ein prozessübergreifendes als auch ein unternehmensübergreifendes CO2-Tracking ermöglichen. Mit unserer breiten Kundenbasis und Industrieerfahrung sind wir dafür bestens ausgestattet. Somit können wir nicht nur einzelne Unternehmen, sondern darüber hinaus ganze Netzwerke positiv beeinflussen.

Welche nachhaltigen Aspekte können neben CO2- und Energieverbrauch noch in SAP-Software abgebildet werden?

Der CO2-Verbrauch wird in der Öffentlichkeit am meisten diskutiert. Wir gehen aber auch weiteren Klimagasen wie Lachgas, Methan oder Fluorkohlenwasserstoffen nach, die wir zur Vergleichbarkeit in CO2-Äquivalente standardkonform umrechnen. In der Lösungsarchitektur berücksichtigen wir außerdem weitere Nachhaltigkeitsdimensionen, wie Wasserverbrauch, Landnutzung oder wie vermeintliche Abfälle ihren Weg zurück in die Kreislaufwirtschaft finden. Leider sind Standards in diesen Bereichen noch nicht gesetzt oder schwer greifbar, so dass wir uns zunächst auf die Treibhausgase konzentrieren und künftig darauf aufbauen werden.

Welche Projekte gibt es in diesem Feld, auf die Sie besonders stolz sind?

Bei so einer bedeutsamen Neuerung sind wir auf die Expertise und enge Zusammenarbeit mit unseren Kunden angewiesen. Daher sind wir dankbar für die sehr erfolgreiche Co-Innovation mit einer Gruppe von Kunden, von denen einer unsere erste Lösung SAP Product Carbon Footprint Analytics bereits im operativen Einsatz hat. Der Kunde kann damit den CO2-Fußabdruck für eines seiner Produkte abbilden. Wir freuen uns darauf, in Zukunft von ersten CO2-Einsparungen berichten zu können.

In welchen Lösungen wird SAP nachhaltigkeitsrelevante Daten vorhalten und wie sieht hier die konkrete Roadmap aus?

Es gibt schon länger SAP-Lösungen, die sich mit Nachhaltigkeit beschäftigen. Beispielsweise unterstützt SAP Environment, Health and Safety Management Unternehmen dabei, gesetzeskonform zu agieren. Dank Product Carbon Footprint Analytics, der ersten Lösung im „Climate 21“-Kontext, können unsere Kunden nun Daten über den CO2-Fußabdruck ihrer Produkte aus dem SAP S/4HANA-System in der SAP Analytics Cloud visualisieren und analysieren. In zukünftigen Releases von S/4HANA werden solche umfangreichen Analysen nativ integriert sein und an den entsprechenden Prozessen ansetzen, um den CO2-Fußabdruck von Produkten vom Design, über die Beschaffung, den Verkauf bis hin zur Lieferkette zu minimieren.

SAP hat auch eine CO2-Währung für Unternehmen vorgeschlagen. Was ist das?

In der öffentlichen Diskussion stehen die energieintensiven Unternehmen der Energiewirtschaft, aus der Öl- und Gasbranche oder der Chemieindustrie häufig im Mittelpunkt. Was dabei von uns Konsumenten gerne vergessen wird: Das CO2 reichert sich in den Lieferketten und Produkten an und endet zum größten Teil im Kleiderschrank, im Kühlschrank oder in der Garage. Wir sind alle mit unserem Konsumverhalten für den Klimawandel verantwortlich. Den CO2-Inhalt von Produkten auszupreisen, wäre ein möglicher Weg, klimafreundliche Produkte und klimafreundliches Käuferverhalten zu fördern. Wir befürworten daher eine CO2-Kennzeichnung von Produkten, damit Nachhaltigkeit in Zukunft den gleichen Stellenwert hat wie z. B. die Produktkosten.

Inwiefern spielt der CO2-Fußabdruck bei Ihren Kunden bereits eine Rolle und gibt es Unterschiede in den Kundensegmenten?

Wir sehen bei vielen Kunden ein ähnliches Bild: Viele nehmen sich selbst in die Pflicht, nachfolgenden Generationen einen lebenswerten Planeten zu hinterlassen. Darüber hinaus sehen sich viele Unternehmen dem steigenden Druck durch regulatorische Risiken sowie Markt-, Investitions- und Reputationsrisiken ausgesetzt. Unsere Lösungen zielen insbesondere auf Branchen ab, die besonders tiefe Lieferketten mit vielen Akteuren haben, wie z. B. die Automobilindustrie oder der Maschinenbau. Zusätzlich schauen wir auf Firmen mit umfangreichen Produktportfolios und komplexen Fertigungsprozessen, was wir z. B. in der Chemieindustrie häufig sehen. Auch Einzelhändler und Konsumgüterhersteller sehen wir im Fokus, da sie in direktem Dialog mit ihren jeweiligen Endkunden stehen.

Aus Anwendersicht ist auch bei nachhaltiger Software eine native Integration in Geschäftsprozesse unabdingbar. Was tut SAP, um diese Integration zu gewährleisten?

Wir können hier nur zustimmen – sowohl die Integration mit anderen Lösungen als auch die Berücksichtigung der Gegebenheiten durch bestehende Systemlandschaften unserer Kunden sind ein Muss. Daher gestalten wir diesen Weg gemeinsamen mit unseren Kunden und stellen Werkzeuge bereit, wie sie mit möglichst geringem Implementierungsaufwand den größtmöglichen Nutzen erzielen können. Der Fokus liegt auf S/4HANA – wäre es nicht ideal, wenn Kunden ihr ERP auf S/4HANA transformieren und damit gleichzeitig ihr Unternehmen für eine nachhaltige Zukunft rüsten?

Vielen Dank für das Gespräch!

Bildnachweis: SAP, Anna Polywka + Shutterstock

Autor: Dr. Mario Günter
Geschäftsführer DSAG e.V.
blaupause@dsag.de

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