Viel mehr als ERPViel mehr als ERP

Zahlreiche Übernahmen hat SAP in den letzten Jahren getätigt. Kundenbedarf, Wettbewerb und Wachstumsziele veranlassen den Konzern zu diesen Zukäufen. Eine kritische Würdigung der Zukäufe von SuccessFactors, Fieldglass, Ariba, Concur und Qualtrics.

Wie viele andere Software-Anbieter befindet sich auch SAP auf permanenter Einkaufstour. Doch der Ansatz, durch Zukäufe zu wachsen und das Portfolio zu verbreitern, bleibt nicht auf die traditionellen Hersteller beschränkt. Denn auch reine Cloud-Anbieter machen immer wieder durch den Erwerb von Spezialanbietern von sich reden.

Treiber für Zukäufe

Bei SAP stecken verschiedene Treiber hinter der Übernahme von Software- bzw. Cloud-Anbietern, weshalb die Firma viele unterschiedliche Technologien erworben hat und noch erwerben wird. Beispiele:

Ziele der Akquisitionsstrategie

Mit dem Kauf von Lösungen im Customer-Experience-Management (CX) reagierte SAP einerseits auf den Kundenbedarf, andererseits auf den Wettbewerb, vor allem in Gestalt von Salesforce. Diesem Cloud-Anbieter hatte SAP wenig entgegenzusetzen. Dies hat sich geändert. Mit dem Programmpaket CX (ehemals C/4HANA) stellt SAP den Amerikanern ein umfangreiches Angebot entgegen. Noch sind die einzelnen Lösungen dieser Suite zwar nicht integriert, doch SAP arbeitet intensiv daran.

SAP kann mit CX deutlich besser mit Salesforce konkurrieren, doch die Amerikaner haben in Bezug auf die Produkte noch immer die Nase vorne. SAP muss die Lösungsbausteine seiner Customer-Experience-Management-Suite weiter integrieren und für eine nahtlose Einbindung in die ERP-Prozesse sorgen. Die Chancen gegen den Wettbewerb kann SAP vor allem mit Ende-zu-Ende-Prozessen verbessern.

Qualtrics: CRM trifft auf Experience-Management

Frank Niemann, Vice-President Enterprise Apps & Related Services bei teknowlogy | PAC

Qualtrics will SAP mit den eigenen Produkten integrieren, sodass Feedback von Kunden, aber auch Mitarbeitenden erfasst, analysiert und in Geschäftsprozessen verarbeitet werden kann. Die Mehrheit der Firmen bietet Kunden schon heute die Möglichkeit, ihre Meinung zu äußern. Doch weit weniger verbreitet sind Methoden, Kunden-Feedback strukturiert zu erfassen und auszuwerten oder Zusammenhänge zwischen diesem Feedback und dem geschäftlichen Erfolg herzustellen. Qualtrics hilft z. B. zu verstehen, ob und wie Käufer ein Produkt in der Praxis tatsächlich nutzen, es erleben und ob es nur genutzt oder darüber hinaus auch geschätzt wird.

Qualtrics bietet eine Fülle an wertvollen Funktionen. Es darf jedoch die Frage erlaubt sein, ob diese Features von SAP kommen müssen. Und noch bleibt im Unklaren, wie Qualtrics für die zahlreichen SAP-Kunden Nutzen stiften kann und wie sich die Integration in die bestehende Lösungslandschaft gestaltet. Auch stellt sich die Frage, ob der üppige Kaufpreis von rund acht Milliarden Dollar gerechtfertigt ist

SuccessFactors: Modernes Personalwesen

Wenige Übernahmen passen so gut ins SAP-Portfolio wie die von SuccessFactors. Mit dem Kauf reagierte das Software-Unternehmen auf den wachsenden Bedarf von Firmen, moderne Prozesse für das Personal-Management zu unterstützen. Da das Gewinnen, Fördern und Halten von Fach- und Führungskräften für immer mehr Unternehmen eine zentrale Herausforderung ist, wächst der Bedarf an moderner Software, die dies strukturiert sowie mit Hilfe von digitalen Workflows und Analysen unterstützt. Somit wächst die Nachfrage nach Success­Factors, aber auch nach Wettbewerbslösungen von internationalen Playern und hiesigen Spezialisten.

Die Software-as-a-Service-Lösung SuccessFactors bietet leistungsstarke Features und kann sich gegenüber dem Wettbewerb gut behaupten. Einige Funktionen stammen von zugekauften Lösungen, so dass die Gesamtlösung nicht aus einem Guss ist. Vermisst wird noch eine wirklich tiefe Integration von Success­Factors in das ERP-Back­end. Mit der Initiative des „Total Workforce Management“ verfolgt SAP nun das Ziel einer Ende-zu-Ende-Prozessintegration. Auch die Tauglichkeit des Systems für den Mittelstand sollte SAP weiter verbessern.

Concur: Mehr Ordnung im Dienstreise-Chaos

Eine weitere sinnvolle Ergänzung des SAP-Portfolios war der Kauf von Concur im Jahr 2014. Über diese Software-Plattform wickeln Firmen Reisebuchungen und -abrechnungen ab. Ferner bildet die Plattform ein Netzwerk für Dienstleister und Anbieter im Segment Geschäftsreisen. Die integrierte Verwaltung von Reisebuchungen von der Auswahl des Anbieters bis zur Rechnungsstellung passt zur Strategie von SAP, Lösungen für mehr Prozesseffizienz bereitzustellen.

Mehr zu den SAP-Zukäufen im DSAGNet

Arbeitsgruppe SuccessFactors

Arbeitsgruppe Ariba

Arbeitsgruppe Fieldglass
dsag.de/ag-fieldglass

Arbeitsgruppe Concur
dsag.de/ag-concur

Ariba: „Alter Hase“ des Beschaffungswesens

Auch die Software-as-a-Service-Lösung Ariba verfügt über ein Netzwerk, und zwar eines für eine große Anzahl an Lieferanten. Firmen können über dieses „Business-Network“ Kontakt zu Lieferanten aufnehmen. Das Unternehmen hat SAP bereits 2012 erworben. Gegründet wurde Ariba 1996 als Anbieter von Lösungen zur Analyse und Optimierung von Einkaufsprozessen. Heute vertreibt die Firma als SAP-Tochter weiterhin diese Lösungen, allerdings nur noch als Cloud-basierte Anwendungen. Das besagte Business-Network ist über die Jahre deutlich gewachsen und ein wesentlicher Teil des Lösungsansatzes.

Ariba ergänzt die ERP-gestützten Einkaufsfunktionen. International gesehen ist die Nachfrage rege, da im Einkauf viel Optimierungs- und Einsparpotenzial steckt. Doch der Mehrwert wird nicht jedem Kunden sofort ersichtlich. Wie intensiv Ariba genutzt wird, hängt von der Branche ab. Häufig eingesetzt wird die Software-Lösung dort, wo indirekte Güter und Dienstleistungen gefragt sind.

Fieldglass: Schlanke Beschaffungsprozesse

Die Lösung von Fieldglass richtet sich an Firmen, die auf externe Mitarbeitende zurückgreifen. Dies können temporär beschäftigte Fachleute, Saisonarbeiter und ähnliches sein. Die Software unterstützt Unternehmen dabei, externes Fachpersonal zu beschaffen und zu verwalten. Firmen können über die Software externe Experten gemäß Kriterien (Qualifikation, Zertifizierungen, etc.) anfordern, einstellen und Formalitäten nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abwickeln. Fieldglass deckt sowohl HR- als auch Beschaffungsfunktionen ab. Der Vorteil liegt darin, wiederkehrende und zeitraubende Verwaltungsaufgaben durch den Einsatz von Software zu ersetzen.

Angesichts des wachsenden Bedarfs an Fachkräften und der Notwendigkeit, auf Personalengpässe reagieren zu können, dürfte Fieldglass für viele Unternehmen aus personalintensiven Branchen von Nutzen sein. International gesehen findet Fieldglass Anklang etwa bei Energieversorgern sowie in der Mineralölindustrie. In Deutschland ist die Nachfrage noch nicht so groß wie für andere erwähnte SAP-Produkte.

Fazit

Viele, wenn auch nicht alle Akquisitionen tragen zum Erfolg des Unternehmens bei und bilden für die Kunden eine sinnvolle Ergänzung. Übernahmen wird es auch in Zukunft geben. Mindestens ebenso wichtig sind Partnerschaften mit Technologiefirmen. Beispielhaft sind hier die Cloud-Plattformen Amazon Web Services, Google und Microsoft zu nennen. Relevant sind sie nicht nur durch ihre Infrastruktur zum Betrieb von Software, sondern vor allem auch wegen ihrer Services für künstliche Intelligenz, Datenanalyse und Software-Entwicklung.

Bildnachweis: teknowlogy | PAC, Anna Polywka + Shutterstock

Autor Frank Niemann

blaupause-Gastautor
Frank Niemann ist Vice-President Enterprise Apps & Related Services. Dies umfasst Analysen und marktstrategische Bewer­tungen von unter anderem folgenden Anbietern: SAP, Salesforce, Oracle, Microsoft, Workday und ServiceNow. blaupause@dsag.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert