Neubesetzung DSAG-Vorstandsressort

Stephan Hüttmann ist neuer DSAG-Fachvorstand Financials

Im Rahmen des DSAG-Jahreskongress 2023 in Bremen wurde Stephan Hüttmann zum neuen Fachvorstand Financials gewählt. Im Interview gibt er nicht nur einen Einblick in seinen bisherigen Werdegang und seine Motivation, das Vorstandsamt zu übernehmen, sondern beleuchtet auch die drängendsten Herausforderungen im Bereich Financials und Financial Services. Themen, die den Managing Director und Gesamtverantwortlichen für die Marke onvista bank in der Commerzbank AG darüber hinaus umtreiben, sind die SAP Business Technology Platform (BTP), Künstliche Intelligenz (KI) und Fioneer.

Zunächst erst einmal herzlichen Glückwunsch zur Wahl als DSAG-Fachvorstand Financials. Können Sie sich bitte kurz vorstellen und uns einen Einblick in Ihren beruflichen Werdegang sowie Ihre bisherigen Erfahrungen im Bereich Financials geben?

Stephan Hüttmann, DSAG-Fachvorstand Financials
Stephan Hüttmann, DSAG-Fachvorstand Financials

Stephan Hüttmann: Ich habe ganz klassisch BWL an der Uni Köln studiert und danach in einer internationalen Unternehmensberatung begonnen. Aktuelle Themen waren die Euroeinführung sowie das Risiko-Management in Banken. Relativ schnell fand dann auch meine erste SAP-Schulung statt. Als ich dann nach drei Jahren das erste Mal Vater wurde und mehr Zeit zuhause und weniger auf Dienstreisen verbringen wollte, kam glücklicherweise die Gelegenheit, die Inhouse-Beratung der Commerzbank mitaufzubauen und -prägen zu können. Nach acht Jahren Inhouse-Beratung wechselte ich in die Commerzbank und übernahm dort unterschiedlichste Führungsaufgaben. Seit Mai 2023 bin ich jetzt für die Marke onvista bank verantwortlich und damit auch für ein SAP-Bank-Customer-Account (BCA)-System.

Wie sahen Ihre ersten Berührungspunkte mit der DSAG aus?

Die kamen zustande, als ich 2020 eine neue Aufgabe annahm und mich damals in der DSAG-Arbeitsgruppe Loans Management angemeldet hatte. Dort wurde die Funktion des Sprechers vakant, ich stellte mich zur Wahl und war dann ein Jahr lang Sprecher dieser Arbeitsgruppe. Das war für mich eine großartige Erfahrung. Erstens hat mir das Sprecheramt persönlich einfach Spaß gemacht. Zweitens hat es klar aufgezeigt, wie wichtig die DSAG als Austauschplattform für die Anwender:innen, aber auch als Sprachrohr gegenüber SAP und SAP Fioneer ist.

Warum haben Sie sich entschieden, das Ehrenamt als Fachvorstand im Bereich Financials zu übernehmen?

Meine ersten positiven Erfahrungen als Sprecher haben mich sehr motiviert, das Ehrenamt als Financials-Fachvorstand zu übernehmen. Ich kann in dieser Rolle Vieles bewegen und mitprägen, die Stimme der Anwender- und IT-Beratungsunternehmen gegenüber SAP stärken und konstant hochhalten: Das war und ist eines meiner Ziele, die ich mit dem Ehrenamt verknüpfe. Und natürlich profitieren auch mein Arbeitgeber und ich von der DSAG, deren Formaten, dem vielen internen Know-how und dem regen Austausch.

Welche Ziele verfolgen Sie während Ihrer Amtsperiode als Fachvorstand?

Für mich liegt der Fokus auf dem Austausch, denn die Erfolge der DSAG, die Kommunikation mit SAP und ein starkes Miteinander basieren darauf. Zudem setze ich mich sehr stark dafür ein, konstant neue Mitglieder zu gewinnen. So haben wir bspw. in den Arbeitsgremien in meinem Fachvorstandsbereich die Challenge gestartet, neue Mitglieder bzw. DSAGNet-Nutzer:innen zu ‚akquirieren‘. Ein wichtiger Aspekt hierbei ist, insbesondere auch jüngere SAP-Nutzer:innen und -Entwickler:innen anzusprechen und für die DSAG zu gewinnen. Auch die DSAG muss jünger werden, denn das Thema Nachwuchs ist essenziell. Da es so wichtig ist, werde ich es auch aktiv verfolgen.

Welche Themen stehen fachlich auf der Agenda?

Das Thema Effizienz steht ebenfalls weit oben auf meiner Liste. Aus meiner Sicht ist z. B. die Rechnungseingangsbearbeitung in vielen Unternehmen noch immer ein suboptimaler Prozess. Das hat aktuell auch der DSAG-Thementag im Februar mit zehn Partnerunternehmen gezeigt. Im Anschluss daran arbeiten wir gerade an einem Leitfaden für eine effiziente Rechnungseingangsbearbeitung. Zudem wollen wir ein Positionspapier für die integrierte Planung unter S/4HANA aktualisieren.

Welche sehen Sie derzeit als die drängendsten Herausforderungen im Bereich Financials allgemein und in Bezug auf SAP für Unternehmen?

Eine der wesentlichen Zukunftsfragen sind die Einsatzmöglichkeiten von und für Künstliche Intelligenz (KI). Aber auch damit zusammenhängende Lizenzierungsfragen, Datenschutz und selbstverständlich der Dauerbrenner SAP Cloud Editions versus klassisch On-Premises – allesamt Themen, die die Unternehmen aktuell und in den nächsten Jahren treiben werden. Einerseits, um durch ihren Einsatz Kosten zu sparen. Andererseits, um Nachwuchs und Führungskräfte besser gewinnen und halten zu können. Ich bin überzeugt, dass der Fachkräftemangel abgeschwächt werden könnte, wenn KI bestimmte Aufgaben allein löst.

Inwiefern haben aktuelle Entwicklungen, wie z. B. die Digitalisierung oder neue gesetzliche Anforderungen, Einfluss auf Ihre Arbeit als Fachvorstand und die Ziele in Ihrem Ressort?

Das stellt sich unterschiedlich dar. Polen bspw. ist Vorreiter bzgl. der E-Rechnung, diesbezüglich werden wir natürlich ein entsprechendes Positionspapier erstellen. Gerade regulatorische Anforderungen wie die E-Rechnung sind nicht nur ein polnisches, sondern auch ein europäisches Thema – selbstverständlich mit unterschiedlichen Anforderungen und Realisierungen pro Land. Das bedeutet im Umkehrschluss eine hohe Komplexität für SAP, aber noch viel mehr für die Anwenderunternehmen. Harmonisierung wäre hier sehr erstrebenswert.

Stichwort: SAP Business Technology Platform (BTP): Welche Rolle sollte die BTP einnehmen – vor allem auch im Bereich Financial Services, also bezogen auf Banken, Versicherungen und IT-Dienstleister in diesem Umfeld?

Um es mal deutlich zu formulieren: Banken und Versicherungen haben stark heterogene und im Laufe der Zeit gewachsene IT-Landschaften. Das ist quasi Standard in beiden Branchen. Die BTP ist in diesem Gesamtkonstrukt das Bindeglied zwischen den Kern-SAP-Anwendungen und dem ‚Rest‘. Sie ermöglicht unter anderem, moderne und reaktionsschnelle Frontends effizient anzubinden. Das erwarten Kund:innen heute von ihren Finanzdienstleistern, wenn sie bspw. online einen Kredit oder eine Versicherung auf ihrem Handy beantragen – etwa, wenn man im Autohaus steht, das Auto kaufen möchte und nach ein paar Minuten den Kredit dafür fix und fertig auf dem Handy bewilligt hat. Und dann braucht es natürlich auch noch eine entsprechende KFZ-Versicherung. Das kann und wird kein SAP-System sein, das hier auf dem Handy läuft. Das werden moderne, mobile Frontend-Anwendungen, die via BTP an die dahinter liegenden SAP-Systeme wie z. B. Buchungsmaschinen angebunden werden.

Stichwort: SAP Fioneer. Wie beurteilen Sie die Entwicklungen?

SAP hat die Financial-Services-Lösungen in Fioneer ausgegliedert, um der Branche Banken, Versicherungen & Finanzdienstleister schneller Innovationen zur Verfügung zu stellen. Unser derzeitiger Eindruck ist der, dass die Bemühungen seitens SAP und Fioneer zum Vorteil der Branche noch nicht wirklich harmonisiert sind. Soll heißen, dass es ein wenig an Klarheit fehlt, was SAP noch in ihren Kernmodulen für die Kunden bereithält und welche neuen Lösungen Fioneer zur Verfügung stellt bzw. stellen wird. Momentan sehen wir einiges an Schnittmengen. Hier wäre z.B. eine gemeinsame Roadmap von SAP und Fioneer hilfreich, die aufzeigt, wo welche Entwicklung stattfindet.

Und darüber hinaus?

Weitere Schnittmengen verzeichnen wir bei der Migration auf S/4HANA. Viele der Mitgliedsunternehmen beginnen jetzt erst mit der Umstellung oder sind mittendrin. Diesbezüglich ist z. B. die Contract-Conversion von SAP zu Fioneer ein großes Thema. Hier muss man lobend erwähnen, dass SAP und Fioneer intensiv mit uns zusammenarbeiten, um diese Umstellung transparent aufzuzeigen (s.a. Webcast-Reihe der AG Lizenzen im Banking).

Letztlich benötigt die Branche Planbarkeit und Investitionssicherheit für die Zukunft, sonst werden sich die Anwenderunternehmen über kurz oder lang nach Alternativen umsehen.

Stichwort: DSAG-Bankentage 2024. Welche Erwartung haben Sie an die Bankentage 2024?

Fakt ist, dass 2024 im deutschsprachigen Raum immer noch ca. 75 Prozent aller Financial-Services-Unternehmen nicht auf S/4HANA umgestiegen sind. Viele gehen dieses Riesenprojekt allein an, machen ihre eigenen Erfahrungen, gute wie schlechte. Ich würde mir wünschen, dass der Austausch hierzu regelmäßig und stärker stattfände. Des Weiteren wäre es hilfreich, seitens SAP mehr Support zu erhalten, sprich mehr automatisierte Prozesse und Umstellungshilfen, die einfach von allein im Hintergrund laufen. Ein Stichwort ist hier z. B. das iPhone mit automatischen Updates auf die neueste iOS-Version. Natürlich ist das nicht 1:1 übertrag- und vergleichbar, aber wie so oft wäre ein Mittelweg schön. Und zu guter Letzt: Ein Blick über den Tellerrand schadet nie. Banken, Versicherungen und Finanzdienstleiser in Deutschland, wie auch in der Schweiz und Österreich können sicher nur profitieren, wenn sie sehen, wie Herausforderungen und Probleme bei Mitbewerbern gelöst werden. Genau das erhoffe ich mir von den DSAG-Bankentagen im Mai dieses Jahres.

Wie werden Sie sicherstellen, dass die Anliegen und Bedürfnisse der DSAG-Mitglieder im Bereich Financials seitens SAP gehört und berücksichtigt werden?

Aktuell befinde ich mich noch in der Lernphase eines DSAG-Fachvorstands und muss erst einmal verstehen, bei welcher SAP-Ansprechperson ich mit welchem Thema richtig aufgehoben bin und Fortschritte im Sinne der Mitgliedsunternehmen erreichen kann. Es gilt also zunächst einmal zu verstehen und die bestehenden Austauschformate rege und sinnbringend zu nutzen. Vor und nach Veranstaltungen möglichst viel gemeinsam mit den Mitgliedern sowie SAP vorzubereiten und nachzubereiten, ist mir ebenfalls ein wichtiges Anliegen. Diese Belange und Nöte optimal über alle Arbeitskreise und -gruppen zu reflektieren, in beide Richtungen zu kommunizieren und bei SAP einzufordern, wird für mich eine der Hauptaufgaben.

Welche Maßnahmen planen Sie, um die Zusammenarbeit zwischen DSAG und SAP zu stärken?

Eines meiner Hauptthemen wird sein, das Thema ‚Anforderungen an SAP‘ wieder stärker in den Mittelpunkt zu stellen. Dafür müssen wir uns aber selbst erst einmal an die eigene Nase fassen. Meinem Empfinden nach gibt es in unseren Arbeitskreisen und -gruppen teilweise ein zu hohes Maß an Zufriedenheit – oder anders und besser formuliert: Man hat sich mit vielen Dingen einfach abgefunden oder arrangiert. Dies sukzessive aufzubrechen und über alle Initiativen hinweg gemeinsam Forderungen zu formulieren – auch wenn es viele Unterschiede aufgrund der verschiedenen involvierten Unternehmen gibt – ist für mich ein wichtiges To-Do.

Was fordern Sie von SAP für den Bereich Financials bzw. Financial Services?

Wir vermissen nach wie vor mehr konkrete Anwendungsfälle für KI sowie eine transparente Preisgestaltung.  Was kann getestet werden und was nicht? Was ist schon möglich und was nicht? Wie wird das Thema Datenschutz behandelt und sichergestellt? Vor allem in Deutschland existieren hierzu sehr rigide Vorgaben, insbesondere bezüglich personenbezogener Daten – und dazu gehören z.B. auch Kontonummern. In der großen Breite ist noch nicht angekommen und verstanden worden, was alles mit KI möglich sein wird. Es braucht eine intensivere Kommunikation sowie klarere Botschaften seitens SAP und Fioneer, wo die KI-Reise hingeht.

Und zu guter Letzt: Was sollte man über Sie als Privatperson noch wissen?

Für mich ist es sehr entspannend zu kochen. Darauf freue ich mich am Abend. Und was mir sonst noch Spaß macht, sind alte Vespa-Motoren und Fahrzeuge, an denen ich am Wochenende herumschraube oder mit denen ich einen Vespa-Ausflug mache.

Vielen Dank für das Gespräch!