DSAG zum Status quo beim Onlinezugangsgesetz (OZG)
Walldorf, 19.01.2023 – Bis zum Jahresende 2022 sollte die Digitalisierung der deutschen Behörden ein gutes Stück weiter sein. Das Onlinezugangsgesetz (OZG) sah vor, dass 575 Verwaltungsdienstleistungen digital zur Verfügung stehen. Dieses Vorhaben haben Bund und Länder schon Mitte 2022 aufgegeben und 35 Projekte priorisiert, von denen bis jetzt 33 umgesetzt wurden. Aus DSAG-Sicht keine Überraschung, aber ein Armutszeugnis für die Digitalisierung der Öffentlichen Verwaltung – so Hermann-Josef Haag, DSAG-Fachvorstand Personalwesen & Public Sector der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe e. V. (DSAG).
„Die Behördendigitalisierung in Deutschland ist und bleibt eine Dauerbaustelle. Es ist nicht überraschend, dass der Zeitplan des OZG nicht eingehalten wurde. Schon als die Bundesregierung im Mai vergangenen Jahres die Anforderung von 575 zu digitalisierenden Verwaltungsleistungen auf 35 priorisierte Projekte gekürzt hat, wurde deutlich, welche Mammutaufgabe das OZG für die Öffentlichen Verwaltungen darstellt. Dass am Ende nur 33 bis Ende des Jahres umgesetzt wurden, zeigt mehr als deutlich, wie ambitioniert das ursprüngliche Ziel tatsächlich war.
Aus DSAG-Sicht ist klar, dass die Umsetzung des Zeitplans von Anfang an unrealistisch war – insbesondere vor dem Hintergrund, dass es zu wenig konkrete Vorgaben durch das OZG im Hinblick auf eine technische und rechtliche Standardisierung gibt. Hier hätte stärker auf Expertise aus der Öffentlichen Verwaltung zurückgegriffen werden müssen, dann wäre es vielleicht nicht zu einer solchen Fehleinschätzung gekommen. Viele Verwaltungsgänge sind nicht vollständig digitalisierbar und die Umsetzung in den Verwaltungen ist mit dem vorhandenen Personal und bei den zahlreichen heterogenen Systemlandschaften kaum möglich.
Wenngleich der Zeitplan zu ambitioniert war, so ist es dennoch gut, dass den Behörden ein klarer Zeithorizont gegeben wurde. Insofern es keine gesetzliche Grundlage inklusive Zeitvorgabe gegeben hätte, wären wir vermutlich noch nicht einmal so weit, wie wir jetzt sind. Jetzt gilt es die Erfahrungen zu nutzen und bei der Neuauflage des Onlinezugangsgesetzes nachzubessern. Aus DSAG-Sicht ist es notwendig, dass die Novellierung des Gesetzes mehr Vorgaben zu Standardisierung macht und den Digitalisierungsprozess bis in die Verwaltung hinein berücksichtigt. Ein digitales Formular, das der Bürger ausfüllt und das dann in der Verwaltung in einen analogen Prozess übergeht, ist keine Ende-zu-Ende-Digitalisierung! Digitale Prozesse sind erst dann effizient, wenn sie zu Ende gedacht sind. Die innere Verwaltung muss ihre Prozesse ebenfalls anpassen. Nur so gelingt ganzheitliche Digitalisierung.
Stellschrauben, an denen es aus DSAG-Sicht zu drehen gilt:
- Es braucht standardisierte Vorgaben, sodass z. B. Datenmodelle harmonisiert werden. Hier spielt das Registermodernisierungsgesetz eine entscheidende Rolle, doch das muss erstmal umgesetzt werden. Es ist eine wichtige Grundlage für das OZG, damit z. B. Bürger:innen Daten tatsächlich nur noch einmal eintragen müssen.
- Bei der Gesetzgebung muss die Digitalisierbarkeit von Gesetzen stärker berücksichtig werden.
- Der Fachkräftemangel muss bekämpft werden. Mit den vorherrschenden Tarif- und Besoldungsstrukturen sowie Rekrutierungsmöglichkeiten, ist es für die Öffentlichen Verwaltungen noch schwerer als für Unternehmen in der freien Wirtschaft, sich als attraktiver Arbeitgebende zu positionieren.
- Das Vergaberecht auf Bundesebene muss angepasst werden. Es ist ein immenser Aufwand für die Verwaltung, Vergabeverfahren aufzusetzen. Gleichzeitig ist es nicht reizvoll für Unternehmen der freien Wirtschaft, sich bei öffentlichen Auftraggeber:innen zu bewerben. Noch ist die Auftragslage in den Unternehmen so gut, dass sie sich nicht unbedingt den komplizierten Ausschreibungsverfahren der Verwaltungen aussetzen müssen. Das Ergebnis: Viele Ausschreibungen in den Öffentlichen Verwaltungen laufen ins Leere, kosten Geld und Zeit.
Alles in allem ist jedem klar, dass digitalisiert werden muss. Maßnahmen, wie das Onlinezugangsgesetz (OZG), das Registermodernisierungsgesetz (RegMoG) und die Digitalstrategie der Bundesregierung sind richtig und wichtig. Doch sie allein reichen nicht, um eine umfassende Digitalisierung voranzutreiben. Es braucht tiefgreifendes Verständnis von Digitalisierung in den Führungsebenen der Behörden.“
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